Plattenhändler unter Druck: Vinyl-Versand wird teurer

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Plattenhändler unter Druck: Vinyl-Versand wird teurer

Beitragvon Highman » 26. Juni 2022, 16:13

Zum 1. Juli führt die Deutsche Post neue Maße bei der Warenpost ein. Für Plattenhändler sind die ein großes Problem, denn Vinylplatten können sie nun nicht mehr in leichten Papp-Mappen verschicken. Es bleibt nur noch das Paket - und das ist teuer.

Das Versenden von Vinylplatten ins Nicht-EU-Ausland wird ab dem 1. Juli richtig teuer. Grund dafür sind neue Maße für internationale Warenpost, die die Deutsche Post nun einführt. Musiker, Labels und auch Plattenhändler setzt das massiv unter Druck, denn die neuen Maße sind schlichtweg zu klein für den Versand von LPs. Das Verschicken in beispielsweise die USA oder Australien geht ab Anfang Juli ordentlich ins Geld, denn den Händlern bleibt nichts weiter übrig als der Griff zum DHL-Paket.

Neue Maße bei Warenpost: Plattenhändler bangen um Existenz
Mit einer Online-Petition wenden sich zahlreiche Plattenhändler aktuell an die Deutsche Post, aber auch an die Politik. Sie sehen sich in ihrer Existenz bedroht, da sie einen beträchtlichen Teil ihres Umsatzes nicht nur im Laden, sondern auch durch den Online-Handel machen.

Einer von ihnen ist Sebastian Wiedemann. Er hat einen kleinen Plattenladen unterhalb der Nürnberger Burg. Hier wühlt sich vor allem Stammpublikum durch die zahlreichen Vinylscheiben und findet immer wieder den einen oder anderen Schatz für die heimische Sammlung. Hier finden Nostalgiker alles, von der Bibi Blocksberg-Kassette bis zur Punkrock-Platte. Doch auch ganz entgegen dem Oldschool-Trend findet ein großer Teil seines Geschäfts online statt, sagt Sebastian Wiedemann.

Umsatzeinbußen durch hohe Versandkosten
Von den momentan noch erlaubten Versandmappen, extra für Vinylplatten, hat Wiedemann tausende vorrätig. "Aktuell perfekt, die Dinger sind stabil, wenn man sie schön verpackt. Da passiert ganz, ganz selten was, außer der Zusteller fährt wieder mit dem Gabelstapler drüber, hatte ich auch schon, oder die Sortieranlage frisst es, aber sagen wir mal 99,8 Prozent der Sendungen kommen wohlbehalten an." Doch ab Juli gehört diese Art des Versands ins Nicht-EU-Ausland der Geschichte an. Für Sebastian Wiedemann reißt das ein Loch in die Kasse. "Das macht im Jahr an Umsatz schon ein paar Tausende aus, das läppert sich schon zusammen. Da muss 'ne alte Omi viel für stricken, um das wieder auszugleichen."

Versand übersteigt Plattenwert um ein Vielfaches
Der Versand via DHL wird laut Wiedemann um ein Vielfaches teurer werden. Er geht nicht davon aus, dass Kunden bereit sein werden, so viel Geld zu bezahlen, zumal der Versand künftig in der Regel wohl drei bis vier mal so teuer sein wird, wie die Platte selbst wert ist. Da kommen beim Plattenladen-Betreiber natürlich Sorgen auf. "Es wird einem schon mulmig, da wird’s wirklich exorbitant teuer. Um jetzt mal ein Beispiel zu nennen: Wenn ich jetzt eine Platte in die USA zum Beispiel verschicke, versichert, als Warensendung Einschreiben, dann kostet mich das 8,50 Euro. Und ab dem 1.7. sind wir dann bei knapp 36 Euro."

Nürnberger Plattenhändler: Frustriert, aber nicht hoffnungslos
Für Dimitrios Karapanos macht der Online-Versand genauso wie für Sebastian Wiedemann einen Großteil seines Umsatzes aus. Der Blick in die Zukunft bereitet ihm große Sorgen, auch wenn er, wie er sagt, immer versucht optimistisch zu bleiben. "Wenn ich daran denke, dass mein Laden mich mehr sieht als meine Familie, mein Plattenladen ist für mich mein Wohnzimmer, wo ich mich mit meinen Freunden treffen kann. Für uns Musik-Freaks ist es wie unsere Kirche, unsere Religion und ich werde alles machen, um meinen Laden weiterzuführen."

Auch Liebe zum Vinyl hat ihre Grenzen
Sein Laden ist Anlaufpunkt für Musikfanatiker, deren Leidenschaft für Vinyl keine Grenzen zu haben scheint. So auch bei Stammkunde Werner: "Es ist ein Hobby und das kann man nicht rational gewichten, überhaupt nicht. Weil mir kann keiner erzählen, warum man bereit sein sollte für eine LP dreitausend Euro auf den Tisch zu legen. Das wird sich mir nie erschließen." Allerdings ergänzt er lachend: "Wobei, es gibt ein paar Alben, wo ich das sogar machen würde."

Die Liebe zu Vinyl ist groß, aber bei hohen Versandkosten, wie sie die Deutsche Post nun plant, hat selbst Stammkunde Werner - wie viele andere Plattensammler bestimmt auch - eine gewisse Schmerzgrenze. "Vierzig Euro für den Versand steht in keinem Verhältnis zum Wert der Platten. Also wenn die Platte 500 Euro wert ist und ich zahle 40 Euro, ist es ok. Aber andersrum nicht."

Konkurrenz auf dem Online-Markt ist enorm
Von der Deutschen Post heißt es, die Neuanpassungen seien wegen steigender Kosten notwendig gewesen. In Einzelfällen könne man aber, abhängig von Versandmenge, individuelle Angebote aushandeln. Nach Entlastung für kleine Plattenläden, die mit Schwergewichten wie Amazon und Co., aber auch mit Händlern aus den EU-Nachbarländern auf dem Online-Markt konkurrieren, klingt das allerdings nicht. Dimitrios Karapanos geht nicht davon aus, dass die Post den Plattenhändlern entgegenkommen wird. "Sie kennen das Problem, aber es ist ihnen egal", lautet sein Fazit.

Quelle: BR24 / Kultur
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Re: Plattenhändler unter Druck: Vinyl-Versand wird teurer

Beitragvon Acrylator » 1. Juli 2022, 17:01

Hm, schon blöd alles, aber wenn ich das richtig sehe auf der DHL-Seite, ist Päckchen M von den Maßen her weiterhin möglich (Länge+Breite+Höhe bis insgesamt 90 cm) und nur geringfügig teurer geworden (um die zwei Euro, je nach Zielland). Beim Auslandspäckchen kann man auch weiterhin eine Versicherung mit Tracking abschließen, kostet innerhalb Europas 2,50 € Aufpreis, in die USA oder nach Asien 4,- Euro zusätzlich.
Damit kann man z.B. versichert in die USA LPs für knapp 22,- Euro verschicken. Ist natürlich immer noch viel teurer als früher mal, aber man muss keine 36,- Euro bezahlen, wie behauptet. Oder hat DHL sich die Kritik zu Herzen genommen?
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Re: Plattenhändler unter Druck: Vinyl-Versand wird teurer

Beitragvon Acurus-Heiko » 1. Juli 2022, 19:10

Ich bin an einem Punkt, an dem ich tatsächlich meine LP-Käufe stark zurückfahre, auch wegen der Portokosten. Aber nicht nur. Alone Records haben zum Beispiel - was sehr lobenswert ist - die ersten beiden Gothic Knights als Vinyl aufgelegt. Das Vinyl ist mir aber eigentlich zu teuer. Ich habe sie trotzdem gekauft und noch eine Jag Panzer mit reingelegt. Also drei LPs. Dafür sind jetzt 30 Euro Porto fällig. Bei solchen Preisen gewöhnt man sich Heavy Metal eher ab. Vielleicht besser so. Mit Blick auf unsere perfekte Energiewende wird Hören sowieso zu teuer.
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Re: Plattenhändler unter Druck: Vinyl-Versand wird teurer

Beitragvon Cromwell » 1. Juli 2022, 20:57

Du hast doch schon 2000 Platten. Mir kommen vor Mitleid die Tränen, Heiko. :lol:
Und schon wieder geh'n wir zum Chinesen.
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Re: Plattenhändler unter Druck: Vinyl-Versand wird teurer

Beitragvon Acurus-Heiko » 1. Juli 2022, 21:07

Ich habe definitiv keine 2000 Schallplatten. Noch nicht mal 1000. Es müssten so 400 sein. CDs habe ich ein paar mehr. Aber die Preisentwicklung reduziert tatsächlich meine Anschaffungen, zumindest beim Vinyl. Schlimm ist das aber nicht. Man bleibt in seinem Budget und muss halt gründlicher auswählen.
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Re: Plattenhändler unter Druck: Vinyl-Versand wird teurer

Beitragvon Acrylator » 3. Juli 2022, 18:14

Acurus-Heiko hat geschrieben:Ich habe definitiv keine 2000 Schallplatten. Noch nicht mal 1000. Es müssten so 400 sein. CDs habe ich ein paar mehr. Aber die Preisentwicklung reduziert tatsächlich meine Anschaffungen, zumindest beim Vinyl. Schlimm ist das aber nicht. Man bleibt in seinem Budget und muss halt gründlicher auswählen.

Ja, ich kaufe auch weniger Vinyl, teilweise sind die Preise nicht mehr feierlich - und auch unverschämt, wenn man bedenkt, dass trotz gestiegener Kosten immer noch einige Labels und Händler neue Vinyl-LPs für um die 15 Euro und Doppel-LPs für knapp unter 20,- Euro anbieten, während andere schon das Doppelte (und noch mehr!) verlangen.
Aber mit ca. 1400 Vinylscheiben hab ich eigentlich auch bereits genug, Regale sind auch langsam voll und ich wüsste nicht, wo ich da noch erweitern sollte.
Bin jedenfalls froh, dass ich die meisten LPs bis vor ca. 15 Jahren zusammen hatte, da waren die Preise noch human und ich hab selbst für Raritäten selten mehr als 25,- Euro bezahlt (nicht selten für Sachen, die heute teilweise 70,- bis 100,- Euro bringen).
Durch die hohen Versandkosten lohnt sich Kauf im Ausland wirklich meist gar nicht mehr, außer ab und an mal bei Hammerheart Records, die mit 8,-€ aus den Niederlanden aber noch recht humane Versandkosten haben.
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Re: Plattenhändler unter Druck: Vinyl-Versand wird teurer

Beitragvon Cromwell » 3. Juli 2022, 19:39

Acurus-Heiko hat geschrieben:Ich habe definitiv keine 2000 Schallplatten. Noch nicht mal 1000. Es müssten so 400 sein. CDs habe ich ein paar mehr. Aber die Preisentwicklung reduziert tatsächlich meine Anschaffungen, zumindest beim Vinyl. Schlimm ist das aber nicht. Man bleibt in seinem Budget und muss halt gründlicher auswählen.

Oh, da habe ich mich grob verschätzt, nichts für ungut. Und ich dachte eher, dass meine Schätzung noch zu gering ist und du dich auf sehr hohem Niveau beschwerst. Vielleicht, weil du zu den fleißigeren Postern im Neuzugänge-Thread gehörst.
Hierzulande sind wir mit Versandhändlern wie High Roller allerdings noch gut bedient, die haben ja fast alles im Angebot.
Und schon wieder geh'n wir zum Chinesen.
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