von Goatstorm » 6. Februar 2012, 17:58
Zwiespältige Scheibe. Einerseits ist es nach meinem Geschmack die schwächste RAM bisher. Andererseits gibt's etliche überragende Momente, die den Rest der Schwedenszene mal eben im Vorbeigehen platt machen.
Das stärkste an der Scheibe ist der Sound. Seit der vorletzten Primordial hab ich keine so natürliche und trotzdem transparente, energische Produktion mehr gehört. Das ist wirklich ganz fantastisch gelungen. Ebenso toll finde ich, wie die Songs zwischen einer stets latenten Bedrohlichkeit und einer überschwänglichen 80er-Vitalität ("Under the Scythe"!) pendeln. Die gefürchteten Klippen von Tralala, die bei dieser Art von europäisch verwurzeltem Metal schon so manches stolze Schlachtschiff verschlungen haben, werden routiniert und weiträumig umschifft (*hach!*). Schöner ernsthafter und ernstzunehmender traditioneller Metal, fernab von Steelwing-Spandex.
Das liegt sicher auch daran, wie einerseits die Mercyful Fate-Schlagseite gegenüber dem Priestigen diesmal dominanter inszeniert wurde. Zum anderen, wie die Band verschiedentlich (wie schon bei "Lightbringer") auf Black-Metal-typische-Harmonien und Techniken – z.B. watainig-verzerrte Akkorde über alle Saiten wie bei "Comes from the Mouth beyond" – zurückgreift. Die Scott-Columbus-Reminiszenzen am Anfang von "Frozen" sind, denke ich, nicht gezielt. Es ist aber in der Tat ein typischer Columbus-Rhythmus, behäbig, eisenhart, stur auf dem Ride begleitet - aber vor allem ist es wieder der geil natürliche Drumsound, der Erinnerungen an "Secret of Steel" weckt. Der Song selber hat ja dann recht wenig mit Manowar zu tun.
Am stärksten ist die Scheibe allerdings, wenn nicht zitiert, experimentiert oder variiert, sondern einfach nur aggressiv nach vorne geholzt wird. Für "Flame of the Tyrants" sollte man der Band ein Denkmal aus dem Stahl des gesunkenen Metal-Cruise-Vergnügungsdampfers errichten. Überhaupt ist das Riffing wie immer aller Ehren wert.
Leider finden sich die überragenden Momente zu selten. Das Songwriting wirkt stellenweise merkwürdig verkrampft, und die Songs sind zudem oft recht lahm. "Comes from the Mouth beyond" geht als sperriger - aber definitiv zu langer - Einstieg noch durch, aber das plan- und eierlose "I am the End" geht halt gar nicht. Für mich der schwächste Song der Band bisher überhaupt. "Defiant" und "Hypnos" plätschern auch so vor sich, "Release me" wird zumindest von seinem netten Ende mit den tollen Gitarrenharmonien gerettet. Fünf Minuten Outro und drei Minuten Intro (beides extrem ...äh ..."spannungsarm") noch dazu und das war's dann schon. Na ja.
Unterm Strich: einige sperrige, lahme Stücke mit wenig begeisternden Melodien. Andererseits: drei fantastische Songs mit Klassikerpotential innerhalb der Banddiskographie. Das ganze dargeboten in einem hammermäßigen Soundgewand mit cooler gefährlicher Attitüde. Ist sicher kein rausgeschmissenes Geld, aber bei RAM greif ich dann doch weiterhin lieber zu "Forced Entry" und "Sudden Impact" als zu "Lightbringer" und vor allem "Death".
Sblood, thou stinkard, I’ll learn ye how to gust … wolde ye swynke me thilke wys?