von Jutze » 20. Juli 2009, 22:36
Eine Flut von Nostalgie-GefĂŒhlen durchströmt mich beim Lesen dieses Threads. Es gibt tatsĂ€chlich noch andere Menschen, denen der "Dance of Eternity"-Bootleg schöne Stunden beschert hat! Ich habe die Images And Words erst vor ein paar Jahren gekauft. Davo habe ich immer diese Live-Doppel-CD angehört; hat mich klanglich noch mehr angesprochen - ganz, ganz wichtig - A Change of Seasons war, ist und bleibt der Oberhammer. 20 Minuten lang kein einziger ĂŒberflĂŒssiger oder unpassender Ton. Dazu LaBrie in sehr guter Form. Und Eve. Hach, wunderbar!
Meine erste Begegnung mit Dream Theater war seinerzeit negativ: Da war eine CD, die in der Rock Hard-Redaktionswertung vor Blind Guardians Somewhere Far Beyond rangierte. Frevel! Blasphemie! 57,5 zu 54,5 Punkte insgesamt - was man sich nicht alles merkt. Das Review las sich beeindruckend. Aber ich war jung und Tolkien-Metal-Fan. Gerade als Dream Theater ihre zweite Europa-Tour beendeten, hörte ich dann die beiden ersten Alben zum ersten Mal. Pull Me Under beeindruckte mich gleich schwer. Das restliche Album schien mir anfangs zu poliert und kitschig. Aber schon bald war ich restlos begeistert.
When Dream and Day Unite verdient nicht nur einen neuen Absatz, sondern auch alles hier bereits geschriebene Lob. Traumhaft! Neben dem WatchTower-DebĂŒt ist WDaDU das einzige Album, dass ich als LP, MC und CD (sowie komplette Livedarbietung auf Bootleg-Video) besitze.
Als schlieĂlich Awake erschien, musste ich tapfer sein. Ich hörte die Doppel-LP immer und immer wieder. Aber sie war anders - und einfach nicht so göttlich - wie die ersten beiden Alben. Space-Dye Vest ist auf seine eigene Art perfekt. Aber ja, es war kein schlĂŒssiges Album und von der Produktion erdiger, trockener, weniger funkelnd als die VorgĂ€nger.
NatĂŒrlich war ich Anfang 1995 in Ludwigsburg (Forum) am Start. Als Vorband spielten bekanntlich Fates Warning. Ich hatte nur in Night on Bröcken und The Spectre Within reingehört (und noch kein Feuer gefangen, sorry) sowie mit Begeisterung Point of View auf dem Rock Hard-Video gesehen. (Und einen Ausschnitt von Monument auf MTV?) Nach ihrem Auftritt hatte die Band in mir einen neuen Fan. Tolle, eingĂ€ngige Songs, phĂ€nomenales Drumming von Mark Zonder, Supergesang von Ray Alder - und gerade als die eingĂ€ngigen Songs drohten, zu melodisch zu werden, knallte uns die Band Silent Cries vor den Latz. Und natĂŒrlich Point of View und Outside Looking in und Eye to Eye und Monument usw. Ich erhaschte einen Blick auf die Setlist und wollte mir alle Liedtitel merken. Leider stand da nur POV, E2E usw. drauf. Habe mir am nĂ€chsten Tag dann gleich das neue Album gekauft. (Kam damals sogar in die untransparenten Charts!) Danach hatten Dream Theater eigentlich keine Chance mehr. Die Band legte dann einen soliden Gig auf die Bretter, spielten aber keinen einzigen Song vom DebĂŒt. Und mein Magen rebelliert (KausalzusammenhĂ€nge verkneife ich mir), so dass ich die Zugabe (Metropolis) vom Klo aus hörte. LaBrie war nicht so toll in Form und schon damals als Frontmann irgendwie im Schatten von Portnoy.
Bald machte die Neuigkeit die Runde, die Band wĂŒrde kurzfristig eine Club-Tour spielen. Mit meinem groĂen Bruder bin ich dann extra einen Abend in die RoFa Ludwigsburg inkl. Alter heucheln meinerseits (war erst 15), nur um Tickets zu kaufen. Am 25.6.1995 sah ich die Band dann erneut, diesmal in der ersten Reihe, in der brechend vollen RoFa. Wieder gab's keinen DebĂŒt-Song. Aber die Stimmung war besser. (DafĂŒr Threshold als Opener nur bei Paradox richtig klasse.) Und es gab einige musikalische Leckerbissen. A Change of Season wurde in der (7% schwĂ€cheren) EP-Fassung vorpremiert. Portnoy spielte ein fĂŒnf-sekĂŒndiges Schlagzeugsolo auf der Lichttraverse an der Decke ĂŒber seinem Kit. Wait For Sleep wurde mit Akustikinstrumenten vertont. Und dann stand LaBrie die meiste Zeit direkt vor meiner Nase; seine SchnĂŒrsenkel waren vielleicht fĂŒnf Zentimeter von meinen HĂ€nden weg (kein Fotograben) - und ich war zwei Stunden lang versucht, sie zu lösen und miteinander zu verknoten.
Falling Into Infinity empfand ich dann als RiesenenttĂ€uschung; beim Konzert 1998 in Stuttgart (Congresscentrum B) war LaBrie nicht gut drauf. Einzelne Lichtblicke waren Rainmaker von Vanden Plas im Vorprogramm und die erste HĂ€lfte von The Ytse Jam. Die Medley-VerstĂŒmmelung regte mich da richtig auf. Scenes From A Memory kaufte ich, fand sie nett, verkaufte die CD wieder, kaufte sie im Laden als SchnĂ€ppchen fĂŒr 5 Mark wieder, verkaufte sie nach einer Weile wieder (fĂŒr 2 Mark). Stilistisch war da einiges ansprechend. Aber die Band klang wie ein (seelenloser) Klon ihrer selbst. Ein Ă€hnliches Urteil fĂ€llte ich bei allen Studio-Platten, die seither erschienen. Score werde ich nach der LektĂŒre dieses Threads wohl mal antesten. 2002 besuchte ich noch das Konzert in Böblingen (Sporthalle) wegen Pain of Salvation im Vorprogramm. Daniel Gildenlöw sang wie ein junger Gott - LaBrie wie in heiserer Mann. Bei The Killing Hand schimmerte ein wenig Magie durch. Und ja, auch The Glass Prison hatte seine gelungenen Momente. Insgesamt verlieĂ ich die Halle aber mit der Erkenntnis, dass dies mein wohl letztes Dream Theater-Konzert gewesen war.
Mitte der 90er ĂŒberspielte mir ein Bekannter einen Song vom Majesty-Demo (Vital Star), der mich sofort völlig begeisterte. Gesanglich passte es hier meiner Meinung nach noch besser als spĂ€ter mit Dominici. Ich mag den warmen Klang der Aufnahmen. Die anderen fĂŒnf StĂŒcke bilden nicht ganz die Einheit des spĂ€teren DebĂŒts. Aber ja, als ich sie dann spĂ€ter hörte, war ich im siebten Himmel. Ich hoffe jetzt insgeheim, dass der Herr Weinsheimer die Herren Portnoy, Petrucci, Myung, Moore und Collins (nicht Phil) als ĂberraschungsgĂ€ste beim Kit 2010 aufspielen lĂ€sst. Statt Moore ginge auch Herr Rudess - ich finde ihn wirklich sympathisch und die When Dream and Day Reunite-DVD mit ihm mag ich ebenfalls sehr gern, zumal Metropolis am Ende mit Dominici und LaBrie im Doppelpack einfach 'Charme' (Magie?!) hat. Das kurz dokumentierte Intermezzo mit John Arch halte ich ĂŒbrigens auch fĂŒr ganz groĂes (Traum-)Kino - klar, das klingt bestenfalls ungeschliffen. Aber hier bilden die Melodien von Gesang und Musik eine geschlossene Einheit - nicht wie das aufgesetzte Autounfall-Geschrei auf Schwarzewolkenlichtblicke-CD.
So, das war jetzt viel mehr Information, als je jemand wissen wollte. Aber dafĂŒr ist dieses Board doch da, oder?
Lurker-GrĂŒĂe.
Jutze