von TWOS » 7. Oktober 2011, 14:04
Da seid ihr wirklich weit vom Thema abgekommen... diskutiert doch besser wieder wieder den Sound der "Playground..." ...
Im Ernst: Ich denke, der Klang (Produktion) spielt, zumindest unterbewusst, immer eine Rolle. Gerade ein Laie kann nur schlecht beurteilen, welchen Einfluss der Sound auf den gesamten Hörgenuss hat und zuweilen das Urteil über die Musik beeinflusst. Prinzipiell bin ich auch sehr tolerant gegenüber sogenannten "schlechten" Produktionen, zumindest wenn es sich um undergroundige 80er-Jahre-Kelleraufnahmen handelt. Wenn jedoch der technische Klang zur eigentlichen Musik passt, d.h. ihre Eigenheiten noch hervorhebt und kompositorische und spielerische Finessen betont, dann entfaltet jenes Album eine ungleich größere Wirkung. Und zum Teil daran liegt es wohl auch, dass mir die Post-Reunion-Alben MANILLA ROADs weniger gut gefallen als die Klassiker. Zum anderen ist aber auch das durchschnittliche gebotene Material in meinen Ohren nicht mehr von der Güte wie früher. Eigentlich finden sich auf allen neueren Alben meisterliche Kompositionen, tolle Riffs und stimmungsvolle Gesangspassagen, aber man gewinnt doch immer wieder den Eindruck, dass nicht das maximal Mögliche herausgeholt wurde, als wären sie etwas gehemmt oder gar verkrampft. Obwohl ich mich selbst gern über voreiliges Einordnen eines Albums in die Diskografie mokiere und fordere, es für sich selbst genommen zu betrachten, muss man doch zugeben, dass es zuweilen nur schwer möglich ist, das zuvor lieb gewonnene Material auszublenden. Und so ist es auch bei den letzten MANILLA ROAD-Scheiben: Ich habe ständig das Gefühl, dass mehr möglich gewesen wäre. Es wird nicht mehr der Gänsehautfaktor von "Deluge" und "Mystification" erreicht, nicht die mitreißende Hymnik von Sheltons Gesangs und nicht die eigenwilligen und fesselnden Kompositionen und Arrangements. Mag gut sein, dass der Sound dazu beiträgt, aber sicher nicht nur.
So ist auch das neueste Album kein Überflieger, im Gegenteil, einige Lieder mag ich gar nicht mehr abspielen wollen. Die hier oft hervorgehobenen Stücke der B-Seite wie "Brethren Of The Hammer" und "Art Of War" können durchaus mitreißen und werden sicher vor allem live zu überzeugen wissen. Aber auf Platte ist mir auch das zu flach, zu uninspiriert und "gewöhnlich" (im MANILLA ROADschen Sinne, denn der typische Gesang ist ja vorhanden, der es von der Masse abhebt). Dabei sollte man sicher nicht verlangen, dass sie ihre Klassikerscheiben kopieren, denn gerade, dass jedes Album etwas Neues darstellt, zeichnet das Bandschaffen aus. Aber sie sollten trotzdem stärker wirklich große Momente aufbauen und eigenwillig-verschachtelte Lieder mit überragenden, anmutigen Passagen schaffen, die nicht nur nett im Ohr kitzeln und mit eingängigem Chorus ohne große Nachwirkung vorbeilaufen. Es klingt für mich in jedem Lied so, als ginge da noch etwas, als hätte man das vorhandene Liedgut noch weiter ausreizen können um es zu einem wahrlichen Übersongs gestalten zu können.
Ich war ja schon beinahe geneigt, Goatstorms und Skullviews harscher Kritik zuzustimmen, aber letztendlich sind doch genug typische Elemente vorhanden, die den verblendeten Fan in zeitweises Entzücken versetzen. Denn das ist es, was mich auch an den neuen Alben noch fasziniert: Die Band setzt ihr ureigenes Wesen fort, erfindet sich immer wieder neu ohne ihre typischen Merkmale zu verlieren. Deswegen kann mich jedes Lied, auf welchem Mark Shelton singt und Gitarre spielt, begeistern.
So bin ich über die neueste Veröffentlichung insgesamt sehr hin und hergerissen zwischen (sicher) berechtigter Kritik einerseits und "Blasphemie!"-Rufen gegenüber allen Sound-Nörglern und "Crystal Logic"-Zurückwünschern andererseits. Ich glaube, ich entscheide mich für letzteres und freue mich jede einzelne neue Note, die die Band veröffentlicht.
Sollte ich mehr Zeit haben, schreibe ich vielleicht etwas Ausführlicheres zu der Scheibe und seinen einzelnen Lieder. Erst jetzt habe ich die Gelegenheit für eine intensive Beschäftigung; dank der späten CD-Veröffentlichung konnte ich sie einen ganzen Monat überhaupt nicht hören.
Wir sehen uns jedenfalls in Würzburg zu "Brethren Of The Hammer".
“Amarth vín teithannen: magol a amath, men ennin gwanno bo dagorlad.”
"When the men from Yamna came, riding from the Eastern plains..."