von Raf Blutaxt » 29. Januar 2012, 15:44
So, Ram haben ein neues Album und ich will mich nun endlich auch mit dieser Band beschäftigen. Schließlich habe ich die Schweden, aller Begeisterungsstürme in Mainstream- und Undergroundmedien zum Trotz, bisher immer mit Missachtung gestraft. Nach zwei kompletten Durchgängen nun also meine Eindrücke, Track für Track:
01. Death... (2:54)
Synthetische Klänge, dann leicht progressiv-spacige Instrumentalmusik, von einigen Effekten unterlegt. Das erinnert mich etwas an Satelite 15, das viel zu lange Intro der letzten Iron Maiden, ist aber alles in allem noch unspektakulärer, nervt
dafĂĽr aber auch weniger.
02. ...Comes From The Mouth Beyond (6:10)
So, jetzt aber! Eine Gitarre beginnt zu riffen, dann kommt das Schlagzeug dazu. Direkt fällt der Drumsound auf, der sehr natürlich ist, aber dementsprechend auch etwas drucklos wirkt. Irgendwie kommt mir das Drumming beim ersten Song etwas verkrampft vor, so als müsse sich der Schlagzeuger sehr konzentrieren, um im Takt zu bleiben. Die Strophe ist gut, wird mit klarer, leicht nasaler Stimme intoniert, die mich teilweise an Ozzy denken lässt. Dann, vor dem Refrain wird der Halfordsche Schneidbrenner ausgepackt, wobei die gleißende Brillianz des Metal Gods nicht erreicht wird. Der Refrain ist dann ok, aber nicht spektakulär, geht aber voll in Ordnung. Bisher haben sich die Gitarren nur auf eine laute, aber einfache Begleitung im Hintergrund beschränkt, was schade ist. Nach dem Refrain dann aber das erste Solo, welches direkt sehr gut ins Ohr geht. Und dann kommt der Mittelteil. Vor akustischen Gitarren wird atmosphärisch-ruhig soliert, dann kommt das Schlagzeug hinzu und eine gesprochene Passage in Schwedisch oder furchtbar miesem Englisch bereichert das Geschehen. Dann Break, Strophe und Refrain, bis zum Ende. Der Refrain bleibt zwar hängen, das ganze Lied ist aber irgendwie nicht so richtig packend. Gutklassig bis gut.
03. I Am The End (4:04)
Die Gitarre schrubbt, dazu gibt's ein kleines, aber gemeines Thema, das gut passt. Das Tempo ist stampfend, die Strophe nicht so richtig spektakulär. Der Part vor dem Refrain ist gut, dann wird einmal kurz "I Am The End" gerufen und es geht wieder von vorne los. Diesmal wird nach dem Refrain das Tempo etwas angezogen und erst lärmig, dann melodiöser soliert. Auch der Sänger darf mal etwas mehr zeigen, schwingt sich in luftige Höhen auf und kreischt dem Metal God irgendwas hinterher. Dann gibt's nochmal den Refrain und die Sache geht zu Ende. Da kann man schön Fistraisen und "I Am The End" brüllen, aber irgendwie wirkt das Lied so, als wäre man vor lauter krampfhaft zur Schau gestelltem Testosteron nicht mehr dazu gekommen, ein schönes Lied zu schreiben. Gutklassig
04. Release Me (5:00)
So, nun gibt's akustische Klänge, dann wird eingezählt und die klassische Stromgitarre rockt los. Das hier klingt, man verzeihe mir den Vergleich, nach sehr guten Priest der frühen Achtziger mit einem guten, aber nicht großartigen Sänger. Strophe, Soli, Refrain, all das passt sehr gut auf Screaming... oder Defenders..., wird wohl aber keinen Originalitätspreis gewinnen. Immerhin gibt's jetzt aber wieder schöne Gesangsmelodien. Abzüge in der Ullekategorie gibt's für den Refrain, der nur aus dem Titel besteht. Die Gitarren am Ende sind schon sehr geil. Gut bis sehr gut.
05. Defiant (4:12)
So, es wird ein bisschen flotter, die Gitarren britisch-melodisch, die Gesangslinien deutscher, das klingt ein wenig nach den Songs, bei denen Gamma Ray versuchen, wie Priest zu klingen, aber noch etwas weniger fröhlich. Geht sehr gut ins Ohr, dazu kann man schön das Haupthaar schütteln und die Faust gen Himmel recken. Gefällt mir bisher am besten. Sehr gut.
06. Frozen (6:48)
Im ersten Moment dachte ich, hier würde Black Sabbath's Sign Of The Southern Cross gecovert, man beschränkt sich dann aber doch auf einen deutlichen querverweis beim Hauptriff. Der Song ist passend dazu im schwerfälligen, wuchtigen Midtempo angesiedelt. Die Gesangsmelodien und Gitarrensoli sind wirklich stark, der Drumsound klingt hier leider etwas zu ausgefasert. Der Refrain fällt leider im Vergleich zur Strophe etwas schwach aus, vor allem, weil der Sänger hier wieder an seine stimmlichen Grenzen zu kommen scheint. Die wirklich schönen Gitarren reißen hier aber viel raus. Gut.
07. Under The Scythe (3:47)
Jetzt wird's wieder flotter, sogar ein bisschen rockig. Mit ordentlich Schwung, aber fast ein bisschen zu unbedarft und fröhlich sensen Ram hier durchs Unterholz. Der Refrain ist eingängig, die Strophe auch, der Solopart erst recht, aber alles irgendwie ein wenig unspektakulär. Live dürfte das aber sehr gut abgehen. Gutklassig bis gut.
08. Hypnos (6:07)
Dem Gott des Schlafs einen Song zu widmen scheint zunächst etwas gewagt, doch Ram trauen sich das wohl zu. Atmosphärisch und nicht allzu schnell geht es los, mit dezenten Gitarren und im Dreivierteltakt kommt die Strophe daher, die in einem schönen Gitarrenpart endet. Das gibt es zwei Mal, dann folgt ein Sprachsample und erneut die instrumentale Bridge, bevor wir wieder in der Strophe angekommen sind. Diesmal wird die Bridge dann aber variiert, die Worte "Who is speaking inside of my head" oder etwas ähnliches werden immer und immer wieder gesungen und nach und nach von dem Geräusch wispernder Stimmen verdrängt. Damit ist der Song dann auch zu Ende. Gut.
09. Flame Of The Tyrants (4:17)
So, jetzt darf der Priester nochmal aus dem Sack, es wird richtig Gas gegeben, der Kopf rotiert von selbst, die Faust geht nach oben, das ist richtig geiler Metal. Die Gesangslinie kommt mir verdächtig bekannt vor, neben Priest kommen mir auch immer wieder Black Sabbath mit Neon Knights in den Sinn. Dieses Mal kann auch der Refrain mithalten, die Soli auch, kurz und gut, ein super Song. Klar das Highlight auf dem Album. Sehr gut bis großartig.
10. 1 7 7 1 (5:10)
Ok, jetzt gibt's noch zum Ausklang fünf Minuten "atmosphärisches" Gitarrenspiel zu belauschen. Hier soll wohl ein düsteres, bedrohliches Gefühl erzeugt werden, das ganze lässt mich aber relativ kalt. Behäbig werden hier zwei oder drei Themen variiert, ohne viel zu bewegen.
Fazit: Von den zehn Tracks und 48 Minuten bleiben acht lieder und knapp 40 Minuten übrig, von denen kein Song wirklich schlecht ist, vieles aber auch nicht über gute Qualität hinaus geht. Die Produktion ist zwar sehr authentisch, leider aber auch teilweise etwas undifferenziert, besonders beim Schlagzeugsound ist noch Luft nach oben. Der Sänger strengt sich wirklich an, aus seinen begrenzten Möglichkeiten alles rauszuholen, was leider manchmal etwas angestrengt wirkt. Ein paar Songs haben sehr gute Ansätze, verlieren sich aber dann etwas in der Beliebigkeit zwischen zu hohen Ansprüchen und zu wenig Wille, diesen dann auch gerecht zu werden. Ich werde das Album sicher noch das eine oder andere Mal hören, aber zum großen Ram Fan hat es mich bisher nicht gemacht. Auf einer Skala von 1 - 10 würde ich wohl eine 7 oder 8 zücken.
The people united can never be ignited.