Definitionen sind so lange haltbar bis derjenige kommt der die Definition platzen lässt. Ein solcher Mensch war Jimmie Spheeris. Singer-Songwriter, Poet, Gitarrist, Pianist. Ein Ausnahmekünstler, aufgewachsen als Kind eines carny-Ehepaares - Leute die mit einem altmodischen carnival (= Kirmes, aber halt archaischer) namens Majick Empire quer durch die USA zogen. Als Jimmies Vater von einem Besucher ermordet wurde, fiel die Familie quasi auseinander. Mutter Juanita, Nickname Gypsy, arbeitete dann später in einer Bar in Venice, Kalifornien. Jimmie, der Bruder von Hollywood-Regisseurin Penelope Spheeris ('The decline of Western civilization Pts. I-III', 'Wayne's world') und Cousin von Filmemacher (Constantin) Costa-Gavras ('Z', 'État de siège', 'Missing') war multitalentiert, aber Musik hatte bei ihm immer die Nase vorn.
1971-'76 veröffentlichte Jimmie Spheeris vier Alben, geriet dann aber in Vergessenheit. In der Nacht vom 4. Juli 1984 kam er bei einem Unfall ums Leben: sein Motorrad kollidierte mit dem LKW eines betrunkenen Fahrers.
Weswegen schreibe ich das alles? Nun, Jimmie Spheeris' sowohl melancholischen als lebensbejahenden Songs, unkategorisierbar vom Stil her, berühren mich einfach. Auf dem grossartigen Debüt 'Isle of View' (einfach laut sagen und man versteht was gemeint ist) verzaubert der wundervolle Mix von Genres, Prog inklusive. Die Melodie im Opener 'The nest' geht einem nicht mehr aus dem Kopf. Die Perle 'I am the mercury' könnte es mit den melancholischsten Songs der gesamten Siebziger aufnehmen. Und dann das abschliessende 'Esmaria'. Hey, so klangen die frühen Seventies wenn man richtig zuhörte, auch wenn man noch viel zu jung war um es bewusst wahr zu nehmen.
Vom Nachfolgealbum 'The original tap-dancing kid' (der Titel dürfte etwas mit seiner Kindheit und der carnival-Attraktion seiner Eltern zu tun haben) liebe ich vor allem das traurige 'Streets of the harbour' (zum niederknien schön) und 'Shirtful of apples'. Yeah, das ist Blumenkinderpoesie und das find' ich gut. Gerade heutzutage.
Weswegen ich Jimmie nicht im '...or no metal at all'-Thread im Off-Topic-Subforum vorstelle? Nun, weil er irgendwie sogar dort nicht passt, der alte Hippie, der viel zu früh von uns gegangene Träumer mit der faszinierenden Stimme und den Sommer-Herbst-Geschichten aus einer anderen Ära. Deswegen. Vielleicht macht es ja klick bei dem einen oder anderen hier. Oder vielleicht ist die Musik von Jimmie Spheeris schon bei einigen bekannt? Anyway, genau wie es im Metal unzählige Talente gibt/gab die kaum Aufmerksamkeit erhielten und nur wenig Erfolg hatten, so gibt es im unerschöpflichen Seventies-Rock-/Prog-/Folk-Bereich immer wieder besonderes zu entdecken. Hey Jimmie, love your music, hope you're at peace in the great beyond.
I'm lost in the midway, drunk in a dream stumbling backwards, forever, it seems over my shoulder, one eye's fixed cold the other is wandering ahead on the road
and each path is winding with you in between you just sit there laughing
I'm lost in the sideshows, blind in the gleam this old house of mirrors leads nowhere, it seems but how the lights dazzled, as the ferris wheel rolled I came for a free ride: it cost me my soul
the past and the future - and you in between you just sit there laughing
all over the midway, when the bright lights go out I hear the clowns crying - tears for the drought so dark and so dusty, the midway is blue winding forever - I can't find my way thru
I'm lost in the midway, drunk in a dream stumbling backwards, forever, it seems
Oh, das klingt aber...ja, wie eigentlich? Irgendwie schön. Damit werde ich mich mal beschäftigen...
For all the words unspoken, for all the deeds undone, for all our shattered dreams, for all the songs unsung, for all the lines unwritten and all our broken hearts, for all our wounds still bleeding and all our kingdoms come.
Gerade die ersten beiden Nummern haben mich verzaubern können. Gerade diese Instrumentenvielfalt gefällt mir sehr gut. Das ist sehr entspannt und scheint auch Tiefgang zu haben. Halte ich im Auge.
Ich höre äußerst ungern Musik am PC, aber diese völlig großartig geschriebene Vorstellung zu einem Künstler, von dem ich zuvor noch nie etwas gehört habe, wird mich dazu zwingen, eine Ausnahme machen zu müssen.
Alter Verwalter, ´The Nest´ ist ja wohl mal spitzenklasse. Sehr schlüssig und dynamisch arangiert, obwohl der Gesang für mein Gefühl noch´nen Zacken emtionaler hätte ausfallen können. Die anderen, langsamaren Songs werd ich mir später nochmal in Ruhe anhören, da momentan der Nachwuchs im Hintergrund mit seinem süßen Geplapper den Songs etwas die Melancholie raubt, haha. "Isle Of View" kommt aber definitiv auf die Liste für die anstehende CD/LP Börse in Mannheim.
For all the words unspoken, for all the deeds undone, for all our shattered dreams, for all the songs unsung, for all the lines unwritten and all our broken hearts, for all our wounds still bleeding and all our kingdoms come.
Oliver/Keep-It-True hat geschrieben:Für mich klingt das in etwa als ob Bob Ezrin eine Scheibe mit Michael Dickes (GYPSY'S KYSS) in den 70er produziert hätte...
Da ist schon was dran. Die Produktion der Jimmie Spheeris-Alben (jeweils von anderen Soundtüftlern gebastelt) ist beachtlich. Ezrin schrieb und arrangierte ja desöfteren selbst mit, er gab bzw. gibt sich nie mit unausgegorenem Material zufrieden. Die Stimmen von Jimmie und Michael unterscheiden sich aber gewaltig, du hattest bei dem Vergleich wohl den Stil des Songmaterials im Kopf, oder?
Oliver/Keep-It-True hat geschrieben:Für mich klingt das in etwa als ob Bob Ezrin eine Scheibe mit Michael Dickes (GYPSY'S KYSS) in den 70er produziert hätte...
Die Stimmen von Jimmie und Michael unterscheiden sich aber gewaltig, du hattest bei dem Vergleich wohl den Stil des Songmaterials im Kopf, oder?
Von der Melancholie hat es mich an so Songs wie "Confused" oder "Peccavi" erinnert...
"Valor pleases you, Crom...so grant me one request. Grant me revenge! And if you do not listen, then to HELL with you!"
Oliver/Keep-It-True hat geschrieben:Für mich klingt das in etwa als ob Bob Ezrin eine Scheibe mit Michael Dickes (GYPSY'S KYSS) in den 70er produziert hätte...
Die Stimmen von Jimmie und Michael unterscheiden sich aber gewaltig, du hattest bei dem Vergleich wohl den Stil des Songmaterials im Kopf, oder?
Von der Melancholie hat es mich an so Songs wie "Confused" oder "Peccavi" erinnert...
VoilĂ . Auf der LP 'The dragon is dancing' dĂĽrftest du in dieser Hinsicht auch mehrmals fĂĽndig werden.
Oliver/Keep-It-True hat geschrieben:Für mich klingt das in etwa als ob Bob Ezrin eine Scheibe mit Michael Dickes (GYPSY'S KYSS) in den 70er produziert hätte...
Die Stimmen von Jimmie und Michael unterscheiden sich aber gewaltig, du hattest bei dem Vergleich wohl den Stil des Songmaterials im Kopf, oder?
Von der Melancholie hat es mich an so Songs wie "Confused" oder "Peccavi" erinnert...
VoilĂ . Auf der LP 'The dragon is dancing' dĂĽrftest du in dieser Hinsicht auch mehrmals fĂĽndig werden.
Jo, da schimmert etwas Michael Dickes durch. Stimmt.