von Max Savage » 14. September 2014, 14:55
Das letzte Swordbrothers.
Ich muss zugeben, ich war vorher noch nie im JUZ in Andernach, mit geringfĂŒgiger VerspĂ€tung tanzen wir dort an. Es ist trocken, nicht allzu kalt, drauĂen ein Bierstand, Wurstbude daneben, geht schon klar und daneben ist ein verdammtes TRAMPOLIN-UND RUTSCHENPARADIES! Meine GĂŒte, perfekte Kombination, das ist in etwa so, als ob man eine kostenlose Gokart-Bahn neben eine Brauerei stellt, einen frei begehbaren Waffenladen neben die Psychiatrie oder ein HĂŒpf-und Rutschenparadies neben ein Metalkonzert. Toll.
Der Altersdurchschnitt ist recht hoch, deucht es mir, die ĂŒblichen VerdĂ€chtigen, ich mag nicht alle aufzĂ€hlen, mag ich aber gerne, man kennt sich, ne. Menschliche HĂŒpf-und Rutschparadiese, auch "Frauen" genannt (gröhl, jaja) sieht man nicht so viele, ist ja auch Latte. Die Elite der Elite ist mal wieder angetreten, um dieses Festival zu Grabe zu tragen. Schön melodramatisch, wir fangen an.
Meine erste Band ist AIR RAID. Ich und vermutlich der GroĂteil der Halle waren gespannt, wie Neu-SĂ€nger Arthur Andersson sich nach dem nicht ganz leisen Abschied von Michalis Rinakakis schlagen wĂŒrde und ich sage mal: Volltreffer. Sympathischer Mann, gute Stimme, trifft die hohen Töne. Die Band gewohnt spielfreudig und ihre Accept-GedĂ€chtnismoves muss man einfach mögen, das wirkt nicht aufgesetzt oder bemĂŒht, die haben Bock. Erstes Highlight frĂŒh am Tage, den Sprechchören nach hat es auch dem Rest gefallen.
Essen fassen, Worscht und Pommes, ich kaue angestrengt und bemerke halblinks von mir LĂ€rm, dazu nachher mehr.
Bei Heavenward muss ich zur Bank, insgesamt 3,2 Kilometer zu FuĂ, ist das Essen auch gleich wieder verdunstet, Köpfchen muss man haben. Oder kein Auto, je nachdem. Die letzten zwei Nummern inklusive Warlord-Cover schaue ich mir noch an, EindrĂŒcke kann ich aber keine geben. Und dann beginnt es...
"Zwei Freunde machen sich auf, die gröĂten NervensĂ€gen aller Zeiten zu werden: Kapitel 1": Zwei HollĂ€nder(?) haben es sich an diesem Tag zur edlen und heiligen Pflicht gemacht, allen durch exzessiven Alkoholkonsum und ĂŒbermĂ€Ăiges RumgebrĂŒlle bei ohrenerschĂŒtternder LautstĂ€rke auf den Sack zu gehen (oder die Vagina, was gerade passt). Der eine aus der Meute jedenfalls labert mich in der Halle voll, kapiert dabei nicht, dass wenn man in Reihe 1 vor der Box steht sich möglicherweise nicht so gut unterhalten kann. Ich denke mir noch nichts böses, gehe raus. Dort wartet er schon. Gegen 14 Uhr schon komplett jenseits von gut und böse, habe ich keine Ahnung, was er will oder gar welche Sprache er spricht. Er wechselt scheinbar flieĂend von HollĂ€ndisch, zu Deutsch ins Kauderwelschige. Jedenfalls verstehe ich nach freundlichem zuhören, dass er mich fĂŒr Andy, den Gitarristen von AIR RAID hĂ€lt und meint, ich hĂ€tte ja eine geile Show gespielt. Meine Versuche, ihm vom Gegenteil zu ĂŒberzeugen scheitern. WĂ€hrend alldem halte ich seine HĂ€nde im Auge, denn der gute Mann ist bereits in einem Zustand, in dem seine Mimik komplett verrutscht, "Pokerface" ist das falsche Wort, eine Art rekursives Pokerface vielleicht, alle 2 Sekunden wechselt der Gesichtsausdruck und ich bin nicht sicher, ob er fröhlich ist, nett reden will oder mir im nĂ€chsten Moment eine reinhaut, weil er irgendwas in den falschen Hals bekommen hat. Reizend. Wir machen weiter.
Mit VORTEX kenne ich mich dummerweise nicht gut aus, ich bin auch bei der Uhrzeit nicht so ganz in Stimmung fĂŒr den harten, sĂ€gigen Metal der KĂ€sköppe, 3 Songs gesehen, dann raus und Blödsinn mit verrĂŒckten Leuten labern, zu "Open the Gate" nochmal kurz rein, was fĂŒr ein geiles Mainriff!
"Zwei Freunde machen sich auf, die gröĂten NervensĂ€gen aller Zeiten zu werden: Kapitel 2": Mein alter, alkoholisierter Freund hat inzwischen die echten Air Raid ausfindig gemacht, die beim Essensstand rumlĂŒmmeln. Nachdem er mich und Andy nebeneinanderstehen sieht, zeigt sich Verwirrung auf seinem Gesicht, jedenfalls brĂŒllt er weiter rum und niemand versteht ein einziges Wort. Aber er trĂ€gt eine Felltasche an der Seite, sehr hĂŒbsch. Sagen wir es mal so: mir ist bewusst, dass auf so einem Konzert getrunken wird, mir ist das auch scheissegal, wenn jemand vor mir steht und von seiner Frau/Freundin gestĂŒtzt werden muss und bedenklich wankt, aber trotzdem noch was Musik hören will, alles kein Problem. Aber wenn da einer bei jeder Band, jeder verdammten Band steht und lauthals sinnlosen Scheissdreck brĂŒllt, nicht ruft, brĂŒllt, alles und jeden anrempelt, dann rausgeht und da genauso weitermacht, dann geht mir das einfach auf den Keks irgendwann.
Und nun, ach, ach, ach, ach, ach, ach, ach, ach...Battelroar...die "To Death and Beyond" ist fĂŒr mich das vielleicht beste europĂ€ische Metalalbum der 2000er. Ich mag Gerrits Gesang. Die Band hatte den Tag davor einen anstrengenden Gig. Kein Problem, Gerrit sogar einen Doppelgig mit Sacred Steel zusĂ€tzlich, daher ist er angeschlagen, auch kein Ding. Die Probleme liegen woanders. ZunĂ€chst mal, Geige hin, Geige her, ich brauch sie nicht, meine Meinung dĂŒrfte da bekannt sein, ganz vorne hab ich die eh nicht gehört oder kaum, also was soll's. Erstens: man muss nicht wild hopsend wie ein Derwisch ĂŒber die BĂŒhne baldowern und SpagatsprĂŒnge machen, aber wenn im Grunde alle Musiker miesepetrig dreinblickend stocksteif herumstehen und sich vielleicht mal 2 Schritte bewegen, springt da auch der Funke schwer ĂŒber. Das andere Problem ist einfach die Setlist. Die "Blood of Legends" gefĂ€llt mir einfach nicht besonders, die Songs sind zu langsam, zu langatmig, zu vertrackt und live packt mich das erst recht nicht. Bei "Hyrkanian Blades" ist dann gleich Alarm, ein Lichtblick, ob man dann unbedingt die "Wrathforge spielen muss (gute Nummer, ja, aber auch nicht gerade ein mitreiĂender Livetrack), wenn man ein halbes Dutzend anderer, meiner Meinung nach passenderer Songs hĂ€tte raushauen können...so bleibt die Erkenntnis, dass die Band leider meine EnttĂ€uschung des Tages war, das war leider nix.
Ich mag Attacker gerne, auf der Fahrt lief auch die "Battle at Helms Deep", aber ich war froh ĂŒber den Ersatz Ram. Diese Band hat bei mir einfach ein Stein im Brett, ich liebe besonders die "Lightbringer". Und wer verdammt nochmal mit "The Few of Iron" in das Set einsteigt, kann nur gewinnen. Geht das ab! SĂ€nger Oscar hat einfach etwas, was man nicht "lernen" kann, er hat Charisma und eine starke Ausstrahlung, stĂ€ndig die Haare wirr im Gesicht hĂ€ngen, die Faust links, rechts und oben, starke Stimmperformance. Als er dann runterzĂ€hlt, "Eins, Zwei, Eins, Zwei, Drei, Vier", und die gesamte Band unisono ihre RĂŒben schĂŒttelt und einen dermaĂen geilen Groove raushauen, von solch intensiven Konzertmomenten hatte ich auch nicht viele in 2014. Dann ein gemein-geschickter Lightbringer-Doppelschlag in Form von "In Victory" und "Awakening the Chimera", uff. Der Auftritt wĂ€re noch besser gewesen, wĂ€re da nicht...
"Zwei Freunde machen sich auf, die gröĂten NervensĂ€gen aller Zeiten zu werden; Kapitel 3": Der zweite HollĂ€nder im Bunde, ebenfalls stocknĂŒchtern, hat es sich zur Aufgabe gemacht, vor der BĂŒhne um sich zu schlagen, Leute anzurempeln, beinahe umzufallen, wieder um sich zu schlagen und andere Zuschauer mit dem Kopf anzurempeln, kein Witz, Kennt ihr die Simpsons-Szene mit dem Elefanten? "Manche Menschen sind auch einfach nur Idioten! Lassen Sie das, Mister Simpson!", genau so. Ein beherzter, doch nicht gerade kleiner Zuschauer packt ihn dann unterm Arm, zerrt ihn raus und der ganze Saal ist dankbar. Da es aber dummerweise keine Security oder so etwas zu geben scheint, zumindest nicht am Eingang, marschiert er nach einer Minute wieder rein. Super, fuck off, ernsthaft.
Na, egal. Der Tagessieg geht jedenfalls an, tÀtÀtÀtÀ, Ram, jawoll. Ganz stark, bitte bald wieder.
Ich mag Ostrogoth echt gern, aber ich musste mich einfach mal setzen, FĂŒĂe und RĂŒcken forderten ihren Tribut. Daher habe ich die nur von drauĂen gehört. Auf der Bierbank gibt es sehr sinnige Musikdiskussionen mit Meister Panz und Smee, im Zuge dessen Alex mir Fotos von diversen Schallplatten zeigt.
Ich: "Du hast ernsthaft Fotos von deinen Platten am Handy?! Wenn du wĂŒsstest, was ich da drauf habe!"
Smee: "Zu 70% Fotos von dir selbst!"
Verdammt. Dreckskerl kennt mich zu gut.
Dann noch fix Jack Starr, macht einfach Bock. Tatsache. Marta an der Gitarre ist musikalisch solide und einfach nett anzusehen, Rhino kann sich zwar am Monitor nicht hören, spielt aber trotzdem stark, Jack Starr, dieses kleine Wesen zwirbelt und schwirbelt auf seiner Gitarre herum, als gÀbe es kein Morgen mehr und Todd Michael Hall ist nicht nur der aktuell beste SÀnger im Heavy Metal, nein, er ist auch der Erfinder des Jungbrunnens, weil er aussieht wie 21, ein absolut entspannter Entertainer und niemand hat sinnlichere Tanzmoves drauf als er. Gassenhauer wie die Àlteren "No Turning Back", "Metal Generation" oder "Go down fightning" reihen sich in neuere Nummern wie "Land of the Dead" oder das geniale "Sands of Time" (bester Song der Neuzeit!) ein. Dazu ein nettes Manowar-Cover von "Metal Warriors". Macht Laune.
So, das letzte Bier war glaube ich schlecht, mir ist ĂŒbel und ich geh ins Bett. Gute Nacht, Ihr Max Frakes!
Face of a clown
Mind of a madman
Dress of a Jester
Intentions of a killer