The-Aftermath hat geschrieben:Mir haben die letzten drei, vier Hefte weniger als gefallen die davor. Die aktuelle Ausgebe führt den Negativtrend leider fort, der Anteil an lesenswerten Inhalten nimmt für mich kontinuierlich ab. An der Auswahl der Bands liegt es grundsätzlich nicht, da für mich fast ausschließlich die Qualität der Artikel zählt. Ich finde gute Artikel zu Bands, die mir vorher unbekannt waren oder denen ich sogar ablehnend gegenüber stand, sogar interessant als das tausendste SOLSTICE-Inteview zu nicht erschienem Material.
Aber das wäre schon mein erster Punkt: Die guten Artikel fehlen mir einfach, beziehungsweise sind überhaupt nicht vorhanden. Das DEAF FOREVER führt ja die Struktur des ROCK HARD 1:1 weiter. Sprich: Interviews, Reviews und Konzertberichte en masse, aber dafür kaum Inhalte, welche das klassische Format durchbrechen. Für mich war bereits gleich zu Beginn die größte Enttäuschung am DEAF FOREVER, dass mit der Gründung des Magazin in dieser Hinsicht nichts Neues gewagt wurde. Warum sollte ich 5,90 € für ein Interview mit den TYGERS OF PAN TANG ausgeben, in dem der Autor (!) dem Gitarristen erzählt, wie toll das neue Album geworden ist? Warum sollte ich fast 6,00 € ausgeben für Reviews wie die von SUID AKRA (frühere Ausgabe) oder MINOTAUR HEAD (diese Ausgabe)? Texte auf dem Niveau eines Youtube-Kommentars, ohne Witz und ohne Inhalt. Selbst wenn mich die entsprechenden Bands nicht interesserien, erwarte ich durchgehend hohe Qualität, und nicht nur im Hinblick auf das Layout. Ich werde mich in Zukunft weigern, mein Geld für solche Schrottbeiträge auszugeben, selbst wenn sie nur einen Bruchteil des Hefts ausmachen. Dann kann ich mir auch gleich die Beiträge im DEAF FOREVER-Forum durchlesen.
Ähnlich verhält es sich mit den ganzen Team-Insidern und Party.San-Klassenausflug-Berichten. Ich kann verstehen, dass man den Lesern zu Beginn das Team näher bringen wollte und das Ganze etwas "kumpelhafter" gestalten wollte. Aber spätestens nach der dritten Ausgabe habe ich jedes Mal gehofft, dass die Selbstdarstellerei auch mal ein Ende nimmt. Vergeblich! Grundsätzlich stellt sich einfach die Frage, was das DEAF FOREVER für eine Art Produkt sein möchte. Ein Fanzine oder ein Hochglanz-Magazin im Stile des ROCKS? Layout und Preis suggerieren Letzteres, Inhalt und Qualität aber Ersteres. Wenn das Heft als schwarz-weisses Faltblatt für 2,50 € erscheinen würde, dann würde ich mich auf Quatsch-Stories, Witz-Reviews und andere Blödeleien einstellen, aber nicht wenn man 5,90 € für sein Produkt verlangt und den Anspruch erhebt, das zentrale Organ der Szene sein zu sollen. Oder anders gefragt: Will das Magazin Journalismus sein oder nicht?
Ich musste schon eine ganze Weile lang an einen Post von Manuel Trummer aus dem Jahre 2009 denken. Der Beitrag war damals wirklich aufrüttelnd und hat die Probleme der damaligen Musikpresse gekonnt auf den Punkt gebracht. Unter anderem schrieb Manuel:Das, was heute von Rock Hard, Metal Hammer, Legacy, um mal in unserem Sektor zu bleiben, geboten wird, ist größtenteils eine Schande für den Musikjournalismus und den Journalismus im allgemeinen.
Das literarische Niveau ist in der Regel unterirdisch, es fehlt die Fähigkeit, die besprochenen Produkte und interviewten Künstler in einen größeren Kontext zu stellen. Es wird immer nur der Künstler und das Produkt selbst betrachtet, aber es erfolgt keine Einordnung, kein Kommentar. Es fehlt grundlegend an der Fähigkeit, einzuordnen, zu kommentieren, eine eigene kritische Meinung argumentativ zu vertreten. Stattdessen immer die gleichen Plattitüden, immer die gleichen Fragen, immer die gleichen Künstler, immer die gleichen Ergebnisse. Orientierung für den Leser gleich Null.
Dem Informations- und Aufklärungsauftrag, den Organe einer vorgeblich subversiven Szene wahrnehmen sollten, wird null nachgekommen. Im Gegenteil: Kumpelei und Freundschaften mit Musikern, PR-Leuten und Labelmenschen sorgen für eine widerliche Hofberichterstattung ohne Ecken und Kanten. In den Redaktionen sitzen teils sogar Labelangestellte und Musiker mit eigenen Bands, die dann in der jeweiligen Zeitschrift besprochen werden. Die Zeitschriften sind keine Kritiker, keine Kommentatoren der Musikindustrie mehr, sondern willfährige Handlanger. Es sind Abhängigkeiten entstanden, die keine kritische Berichterstattung mehr zulassen. [...] Wo war zum letzten Mal eine gut recherchierte, kritische Geschichte zu lesen, die tatsächlich etwas Neues aufgedeckt hat, die zum Diskutieren angeregt hat. Stattdessen Band- oder Stilspecials und Historys, die einfach aus zwei, drei anderen Büchern abgeschrieben werden. Die eigene Meinung wird in Form nichtssagender Ranglisten komprimiert.
Um es kurz zu machen: Ich denke, dass die meisten Punkte auch auf das DEAF FOREVER zutreffen. Nur die besprochenen Bands haben sich verändert, beziehungsweise der musikalische Fokus ist ein anderer geworden. Die Linie des Magazins, welches dauernd behauptet "kritisch" und "unabhängig" zu sein, ist kaum zu erkennen und pendelt zwischen Anti-Rechts-Statements und befremdlichen Kumpeleien mit Bands, die nach einer zaghaften Frage zu ihren Label-Verbindungen gleich wieder vom Haken gelassen, hin und her. Der Inhalt ist gleichzeitig in seiner Auswahl extrem limitiert. Die Ván Records-High Roller-Fenriz-Hell Over Hammaburg-connection nimmt geradezu absurde Züge an. Natürlich sind in einem Magazin dieser Art immer Musiker und Festivalbetreiber involviert, aber kaum geht es um die eigenen Lieblingsbands und -festivals, und schon ist diese Art des Meinungsmonopols total legitim.
Mittlerweile ist mein Lieblingsautor Frank Albrecht. Frank ist (neben einigen wenigen Ausnahmen) der einzige Autor, bei dem ich nicht das Gefühl habe, dass es bei dem Interview zum Teil um ihn selbst geht. Frank schafft es immer, total ungekünstelte und interessante Fragen zu stellen. Gleichzeitig setzt er sich auch konstruktiv mit Bands auseinander, bei denen viele Leser schon das Weihwasser ausschütten. Ich mag SABATON zwar auch nicht, aber der Umstand, dass es Frank absolut nichts ausmacht, darüber zu schreiben und er zu seinem Fansein steht, zeugt von mehr Überzeugung und Integrität, als sie sich so mancher Kapuzen-Kasper vorstellen kann. Eigentlich ist es doch so: Wenn man als Person mit sich selbst und seinen Überzeugungen im Reinen ist, kann man alles aushalten (oder ignorieren), was einem in der Welt begegnet, auch SABATON-Platten. Die jüngsten Entwicklungen im DEAF FOREVER-Forum haben hingegen gezeigt, dass sich dort die gleiche Mentalität ausbreitet wie in anderen Bereichen der Gesellschaft: Gefällt mir etwas nicht, dann stehe ich schnurstracks für Zensur und Beschränkung der Meinungsfreiheit ein. Der Kommentar zur SABATON-Show auf dem Summer Breeze im aktuellen Heft hat das gleiche pubertäre Niveau wie die meisten Posts im Forum. Wieder die Frage: Dafür 5,90 €?
Ich habe das Zitat von Manuel nicht deshalb ausgegraben, um hier zu einem großen Troll/hater-Schlag auszuholen. Ich dachte, es wäre nur interessant, sich die Punkte nochmal durch den Kopf gehen zu lassen. Gerade als junges Magazin sollte nicht jetzt schon eine Stagnation in Sachen Qualität einsetzen. Ich dachte, im Magazin oder im "Underground" ginge es vorrangig um Subversion. Dabei lese ich immer nur Selbstbeweiräucherung, Kumpelei, Zustimmung. Aber es gibt ja immer noch lesenswerte Inhalte: Der Leipzig-Bericht ist interessant, Manuels Seziertisch gewohnt hochklassig und auch die Titelstory unterhält. Dagegen ist das URFAUST-Interview wiederum unlesbar, die DARKTHRONE-Story Teil eines wohl nie endenden wollenden Witzes mit Fenriz in der Hauptrolle. Aber das ist nebensächlich. Wichtig wäre, dass es wieder mehr Artikel gibt, die über die Platte oder die Band hinausgehen und einordnen, kommentieren, (Selbst)Kritik üben... inhaltlich eben mehr bieten, so wie es in Manuels Zitat formuliert steht. Dafür würde ich auch auf die "Kultposter" (Was ist das überhaupt für ein Wort?) und einige der Farbfotos verzichten.
Erstklassiger Beitrag, auch wenn ich deine Sicht der Dinge nicht in Gänze teile (sollte bei der Qualitätsbeurteilung eines Beitrages auch nicht zu wichtig sein). Das DEAF FOREVER muss verkaufen und zwar mehr als 1000 oder 3000 Hefte. Dafür sind auch im Metal Business viele Kompromisse nötig. Zuviel Tiefgründigkeit wirkt überdies in großen Teilen unserer Szene schnell abschreckend. Auch gewisse Abhängigkeiten wird es bei einem Magazin der Größenordnung des DF immer geben.

aber hab ja auch mein Fett dafür wegbekommen