Da ich momentan nicht allzu fit im Kopf bin, habe ich das Festival in entspannter Weise genossen. Viel mit Freunden und Bekannten geredet, gemütlich zu Mittag in der Rose eingekehrt, einen feinen Kuchen nachgelegt, und immer wieder eine gemütliche Runde an dem einen oder anderen Pkw verbracht. Daher habe ich auch nur wenige Bands komplett angeschaut, die meisten indes halt nur ein paar Songs lang, was aber nicht schlimm war, da man ja nun doch mittlerweile fast alle Bands schon mal gesehen hat und auf Neues auch nicht so überscharf mehr ist. Jedenfalls aktuell nicht... gemütliches Beisammensein ist wichtiger geworden.
Dennoch ein paar Gedanken zu den Bands...
Stälker -> netter Opener
Taist Of Iron -> feine Sache, am Merch direkt die neue CD eingetütet
Alien Force -> der Rose geopfert
Blaspheme -> am Ende noch ein paar Songs mitbekommen, gut wie schon vor einigen Jahren beim HOA. Leider die zweite Platte am Merch knapp verpasst und nun per Amazon nachbestellt.
Siren -> sehr starker Auftritt; hat wohl vielen gefallen, denn bei allen Metalmarkthändlern war sie ausverkauft.
Grim Reaper -> jo, wie gehabt halt stark auf die alten Hits fokussiert, aber damit sind die Jungs ja nicht allein, Daumen hoch für Meister Steve;
Raven -> eine meiner ewigen Lieblingsbands; die Gallagher Brothers sind einfach immer ihr Geld wert. Allein Marks Grimassen sind das El Dorado eines jeden Konzertfotografen. Können nicht schlecht. Sind meine Götter. Auch beim 12. Mal.
Flotsam & Jetsam -> starker Abriss, wobei ich so reine Old-School-Setlists an sich weniger mag als stärker durchmischte; gerade bei Acts, die durchgängig so stark waren wie die Flotsis ist diese Selbstbeschränkung auf Klassiker gar nicht so toll.
Demon -> Wie immer toll; wie bei Raven auch hier mein 12. Gig mit den NWoBHM-Veteranen. Dave Hill steht endlich zur Glatze und sieht im ersten Kostüm aus wie Kaiser Ming aus Flash Gordon. Unsterbliche Songs. Der Mummenschanz bringt keinen Mehrwert, aber er stört auch nicht.
Ironflame -> Kurz nach Ankunft funkt mich der Notruf übers Handy an: "Rose, jetzt!"... jo... Rose, dann halt.
Gatekeeper -> Rose
Cerebus -> Kuchen
Blind Illusion -> Verdauungssiesta in der Wiese, klang aber von draußen sehr fein...
Saracen -> Erweiterte Verdauungssiesta mit ebenfalls feinem Hintergrundschall...
Winterhawk -> Jo, dann wieder in der Halle. Cooler Auftritt. Der Meister selbst gefiel mir am Gesang besser als sein junger Statthalter. Viel Instrumentalabfahrt. 70er pur. Schade, dass sie nur Downloads am Merch verkauften.
Hittman -> Sehr starker Gig. Brachten die tollen Songs hervorragend herüber.
Exhorder -> Intensivste Truppe des Wochenendes. Stark, diese Mucke mit so coolem Gesang zu hören.
Heavy Load -> Jo. Ich hatte Spaß. Geile Songs sind's eh, und dass der Auftritt - der erste in 33 Jahren - einige Unzulänglichkeiten in Sachen Tightness, Gesang, Ansagen, Längen der Soli etc... offenbarte, kann ich gut nachsehen. Dennoch war dieser Headliner bei aller Liebe halt ein deutlich kleineres Kaliber als vergangene Headliner. Aber vielleicht geht's wie bei Cirith Ungol und die Band wird mit jedem weiteren Gig auch sicherer und besser. Schön wäre es, denn Potential haben die Hymnen auch noch heute, und an sich haben die Herren Musiker schon auch einen besonderen Spirit, der mir gefällt.
Was das Drumherum angeht:
- Ticketverkauf:
An sich gut gelöst. Dass die Leute um 10:00 Uhr immer noch eine Megaschlange bilden, ist halt einer Zwangsneurose aus vergangenen Tagen geschuldet. Nötig wäre die Panik bei der "1 Ticket pro Ticket"-Politik und der Tatsache, dass auch für das 2018er-Festival vor der Halle noch unzählige Tickets unter Erstverkaufspreis den Besitzer wechselten, nicht gewesen. Auch kam mir nicht zu Ohren, dass jemand, der eines wollte, ohne Ticket für 2019 geblieben wäre. Denke, dass sich das kommendes Jahr noch weiter entspannen dürfte und sich damit die Wartezeiten weiter verkürzen.
- Einlasssituation:
Super. Man konnte sich während des Anstehens für das Ticket sein Bändchen holen, und da die Tickets langsame gingen als die Bändchen, kam es am Einlass eigentlich kaum zu Wartezeiten. Vor Heavy Load zwei Minuten war die längste Einlassdauer, sonst nur Sekunden. Sehr schöne Sache.
- WC-Situation:
Nicht getestet, da passionierter Pensionsbewohner und Restaurantesser und ganz allgemein Dekadenzbefürworter. Als solcher käme ich auch ganz ohne Festival-WC sehr hervorragend zurecht.
- Essenssituation:
Hier gilt abgesehen vom einmaligen Curryprobieren dasselbe. Festivalfood in allen Ehren, aber ein gepflegter Restaurantbesuch ist mir stets die liebere Alternative. Das Rote Curry war gleichwohl gut und würzig, das Grüne war grün und etwas fad. Aber Essen ohne Fleisch ist eh generell etwas problematisch. Die Steaks sahen dafür - wie immer - sehr fein aus.
- Bargeldloses Bezahlen:
Bin ich kein Fan davon und mache ich an sich schon aus Prinzip nicht mit. Auch Bonsysteme wie beim BYH nicht, und auch keine Läden, die Kartenzahlung verlangen. Wer mein Bargeld nicht nimmt, der kriegt's halt auch nicht. Ist aber kein Thema, da es ja Alternativen gibt und ich auf Essen und Trinken beim Festival bequem verzichten kann. Problematisch wäre es für mich nur, wenn es das Merch auch nur unbar geben sollte. Wenn der Veranstalter also auch mich zur Kreditkarte treiben will, dann habe ich hiermit den Trick verraten.

- Händlersituation / Metal Markt:
Einige Händler haben über stark rückläufige Umsätze geklagt, weil die Zuschauer nun eben gar nimmer ins Händlerzelt gehen müssen. Ist primär nicht das Problem der Zuschauer, aber klar ist, dass es nicht so weit kommen sollte, dass Händler weg bleiben, weil es sich für sie nimmer lohnt, denn das würde auch wieder die Attraktionen des Events insgesamt schmälern. Ich persönlich fand die Einlasssituation zwar sehr cool, aber ich kann die Händler und ihre Sorgen gut verstehen.
- Sicherheitssituation:
Security war extrem entspannt und freundlich. Negative Ereignisse sind mir nicht zu Ohren gekommen.
Gesamteindruck:
Ich hatte viel Freude, das Festival war entspannt, die Bands waren cool, und ich komme trotz Preiserhöhung gerne wieder. Ticket ist an der Pinnwand. Aber irgendwie habe ich dennoch das Gefühl, dass das Festival mit dem XX. Jubiläumsevent einen Zenith überschritten hat und der große Hype am Abebben ist. Warum? Nun, aus zwei Gründen:
1.
Mit Arch Warning und Cirith Ungol denke ich, dass man in Sachen Untergrundprominenz das Non Plus Ultra hinter sich gebracht hat, und dass es da für diese Zielgruppe und diese Szene einfach kein "Drüber" mehr gibt. Das waren einfach zwei unerfüllte Träume unzähliger Fans, die als völlig unmöglich galten, die aber eben auch in kommerzieller und einflusstechnischer Hinsicht wirklich ordentliche Kaliber waren. Da war heuer Heavy Load dann schon ein deutlich kleinerer Fisch, wenngleich auch ein unerfüllter Traum einiger Fans (aber eben deutlich weniger), aber eine Band, die nie auf breiter Basis so ganz den Status hatte wie Ungol und/oder Fates Warning. Und Demon? Ja, völlig geile Band, keine Frage; toller Gig... alles gut, aber mal ehrlich? Wer hat Demon noch nicht gesehen? Eben... ich hab Demon 12x gesehen, ich bin mir sicher, einige haben sie noch öfters gesehen. Tut der Sache keinen Abbruch, aber es macht eben klar, dass solche Paukenschläge wie FW und CU eben kaum mehr zu setzen sind. Da muss man dann schon rudern, und ich finde, dass selbst MF, KD oder Sava nicht diesen Nachhall hätten, weil sie eben auch Bands sind, welche die meisten Leute eben schon mal gesehen haben. Dass sie gleichwohl abräumen würden, steht außer Frage, aber ich denke man versteht, was ich meine.
2.
Ich denke, dass ich bei mir selbst aber auch bei sehr vielen anderen Festivalbesuchern eine gewisse Sättigung, eine gewisse Gleichgültigkeit oder (um es positiver zu formulieren) Entspanntheit ob des gesamten Events spüren konnte. Viele Bekannte, die seit der ersten Auflage regelmäßig zum KIT pilgern, haben mir gesagt, dass sie primär wegen der Leute da sind, und nur noch sekundär wegen der Bands. Es war in der Halle selten voll, es waren fast immer sehr viele Leute draußen beim Ratschen, Rumhängen, Spazierengehen, Essen etc... so richtig brachial voll, war die Halle so gut wie nie. Etliche haben gesagt, dass sie im Vorverkauf kein Ticket kaufen, oder dass sie zwar mal anstehen, aber wenn sie keines bekommen sollten, es auch nicht schlimm wäre, da es auf dem Zweitmarkt irgendwann, spätestens am Festivaltag, eh eines zum Originalpreis geben würde usw... anderen waren die 100,- Euro auch schlicht zu teuer, in Anbetracht der Tatsache, dass noch kein Headliner oder Co-Headliner bekannt war.
Aus meiner Sicht ist alles im grünen Bereich, und ich empfinde das sogar ein Stück weit als positive Tendenz, wenn sich das irgendwie entspannt; wenn es keine Schlacht mehr um die Tickets gibt, wenn es keine Panik- und Hamsterkäufe mehr gibt, wenn sich die Leute in der Halle nicht allzu megadicht drängen, und wenn man nicht die Angst haben muss, dass es immer noch größer und hektischer wird.
Ob die Veranstalter das auch so sehen, weiß ich nicht. Mich würd's freuen. Die Herausforderung wird sein, die Billings in Zukunft trotz der zunehmenden Schwierigkeit in diesem Stilsegment noch die richtig große Megabombe zu verpflichten, die gleichzeitig die Kriterien "Kultband", "einflussreich", "nie gesehen" und "zugkräftig" erfüllt, so spannend zu gestalten, dass aus dem "nicht weiter Wachsen" kein "nennenswert schrumpfen" wird. Ich für meinen Teil vertraue Oli & Co., dass es auch in Zukunft ein cooles Festival sein wird, aber es wird sicherlich spannend zu sehen, welche Antworten das KIT auf die sich stellenden Herausforderungen haben wird.