Acurus-Heiko hat geschrieben:Dr. Best hat geschrieben:Acurus-Heiko hat geschrieben:Der Ansatz ist interessant und die Story im Grundsatz vorhanden. Aber: Es ist schon unglaublich, wie eine Doku-Filmemacherin so die Distanz verlieren und ein in jeder Hinsicht völlig verunglücktes, weil überfeminisiertes Gaga-Werk abliefern kann. Denn der ganze Film scheitert an der Unfähigkeit, sozio-kulturelle Ansätze sauber herauszuarbeiten. Wir erfahren immer nur von angeblich starken Frauen, die "Königinnen" des Metal in Botswana sein sollen. Was wir nicht erfahren: Wie sind sie an Metal herangeführt worden? Welche Bands waren prägend (einmal wurden immerhin "Iron Maiden" am Rande genannt)? Wer hat sie zu "Königinnen" ernannt? Und dann diese angebliche Prozession durchs Dorf: Da rennen etwa zehn Schwarze in schwarz über eine Lehmstraße und das nennt die Dokufilmerin "Prozession". Warum? Der von ihr getätigte Verweis auf angebliche lokal-religiöse Traditionen, welche Metal-Fans hier tradiert hätten, ist ja wohl ein Witz. Vielmehr scheinen - wie überhaupt in der ganzen Doku - die wenigen Metal-Fans vor der Kamera mächtig zu posen, weil die Doku-Filmerin eben jede Distanz verloren hat. Welche Bands hören Sie? Warum werfen die übrigen Dorfbewohner den Metal-Fans "Satanismus" vor? Warum erklärt das kein Dorfbewohner mal vor der Kamera? Und dann dieses ewige Gesülze von den starken, schönen, selbstbewussten, selbstständigen schwarzen Metal-"Königinnen" - das war irgendwann wirklich unerträglich. Und zu guter Letzt das Konzert. Echt jetzt? Diese etwa 20 Fans in einer Bar? Das soll das Konzert gewesen sein? Im Ergebnis war das ein gutes Beispiel dafür, dass Wollen und entsprechendes Können nicht immer im Einklang stehen. Und das ist wirklich sehr schade, denn die Story war grundsätzlich da. Man hätte sie nur ordentlich umsetzen müssen.
Okay, das war jetzt nicht die beste Doku der letzten Jahre und manchmal auch für mich etwas langatmig und mir vieles einfach auch bekannt. Trotzdem eben auch mal ein Blick über den Teller, also danke dafür. Aber Heiko, was hast du eigentlich angeschaut?
2 Minuten gesehen, Namen erklärt. 4 Minuten drin, Kontakt zum Metal erklärt. Sicher, dass du die Doku gesehen hast?
Logo. Gucke jetzt aber noch mal. Die Sache mit den "Königinnen" wird tatsächlich beiläufig kurz erwähnt. Offenbar sind alle Frauen, die der Szene angehören, "Königinnen". Aber ansonsten bleibt es dabei. Wir erfahren nicht, welche Musik sie hören oder wie sie dazu gekommen sind. Nur eine erzählt beiläufig, sie hätte als junges Ding "Iron Maiden" im Radio gehört. Ich gucke es heute Abend noch mal. Vielleicht bin ich zu kritisch ...
Unabhängig davon, ob du zu kritisch bist, bist du zu Musik-Only-fixiert. Ausser im Titel wird das gesamte Thema Rock/Metal niemals besonders hervorgehoben oder beleuchtet oder liegt im Fokus, die Schwerpunkte werden schlicht anders gesetzt, ganz so, wie es dem Ulle seine Google-Archäoligie zutage fördert: "a documentary on three women finding their freedom by living a Heavy Metal lifestyle". Damit verpuffen die meisten der von dir vehement geforderten Fragen sachte im Wind, weil es nie angedacht war. Zugegeben: ich höre auch bei deutschen Synchros oft dem im Hintergrund blubbernden O-Ton zu, rückt oft ein paar Sachen noch in anderes Licht. Dennoch: eine Reportage, die sich explizit nicht mit Musik, sondern nur mit der Auswirkung eines Hobbys auf persönlicher und gesellschaftlicher Ebene beschäftigt vorzuwerfen, dass keine Musik vorkommt ist aus meiner Sicht fraglich. Mich würde vielmehr interessieren, was du nun an einer Doku über die Lebensumstände dieser Frauen "überfeminisiert" findest? Dass halt anfangs ständig draufrum gebohrt wird, dass es "starke Frauen" sind? Naja, begeistert mich auch weniger, der Ulle nennt es wohl unbeholfen, die Intention, drauf hinzuweisen wie unüblich deren Lebensweise ist, wäre auch weniger hüftsteif möglich. Vielleicht hast du ja nach dem zweiten Anschauen mit Ulles Erklärung ein anderes Bild von dem Ganzen...
Dr. Best hat geschrieben:Warum Satanismus, ist das jetzt echt dein christlichlicher Ernst? Du suchst wirklich auf einem Kontinent, in dem einige Länder Hexerei als Straftat führen, nach einer Antwort? Was sollen die denn sagen: "Die war schwerer als eine kalte Ente?" Oder eher so ganz konkret "Der Papst meint, Exorzismus ist voll okay, ist ja für Gott, da dürfen ruhig auch mal Menschen gefoltert und ermordet werden, wenn sie halt besessen sind! Toll, dass wir Exorzisten haben, und super, dass jährlich knapp 3000 Menschen weltweit wegen Satanismus oder Besessenheit behandelt werden." Ist nicht so, als ob nicht ständig aus Asien, Nahost oder Südamerika immer noch Meldungen über ermordete, "satanistische" Metaller kämen. Zum Glück haben wir hier bei uns noch Zucht und Ordnung!
Du solltest Dein Wissen nicht auf unbedarfte Zuschauer übertragen. Es reicht nicht, in so einer Doku diese fundamentale Kritik Einheimischer am Heavy Metal mal kurz anzureißen. Das muss dann schon etwas genauer dargelegt werden. Ist Heavy Metal dort etwa nicht mit archaischen Hühner-Religionen vereinbar und warum? Oder praktizieren die dort an eine Mischung aus christlicher Kirche und Hühner-Religion? Kann der Dorf-Schamane die jetzt nicht mehr verhexen, wenn sie "Iron Maiden" hören? Ist es wirklich so wie behauptet, dass der Dorfpfarrer gegen Metal-Musik predigt? Es kommt absolut nichts zum Hintergrund, sondern nur eine in den Raum gestellte Behauptung. Und das finde ich sehr schade, weil - und das kritisierte ich ja bereits am Anfang - der kulturelle Kontext insgesamt zu stark ausgeblendet wird, weil diese Doku zu feministisch ist. Als kultursensibler alter weißer Mann mit historischer Imperialismusvergangenheit darf man diese Kritik ja wohl noch äußern.
Ich stimme dir zu, es reicht nicht, die fundamentale Kritik von Hühner-Religionen am Heavy Metal hinzunehmen. Ich habe es neulich schon gesagt und sage es wieder: fang du als Anhänger einer "Blut-zu-Wasser"-Hühner-Religion doch mal an zu erklären, dein Kulturkreis ist mir auch viel näher als deren. Sei es Alice Cooper, AC/DC oder Sabbath: seit mindestens Mitte der 1940er Jahre ist harte Musik mit erst durch den Blues, später den Rock und Metal mit diesem Vorwurf verbunden. 1990 standen Judas Priest wegen "Satanischer Botschaften" vor Gericht. Neulich Behemoth in Polen. Das ist aktuell. Das ist hier. Das ist deine Religion, ist Heavy Metal etwa nicht mit deiner archaischen "gegen HIV hilft nur das Gebet (sagt der Papst)"-Religion vereinbar? Ist es wirklich so, dass noch immer Menschen in vielen Teilen der Welt bedroht, gefoltert und verfolgt werden, weil sie Punk oder Metal hören, bzw ist es so, dass noch immer in vielen christlichen Kirchen gegen Metal gepredigt wird? Ist es so, dass es christliche Bootcamps für Rock-Musik hörende Teeanger gibt und warum kannst du mir als ein Anhänger dieser mittelalterlich-abstrusen Gemeinschaft dazu nichts sagen? Erklären kann man das halt wirklich nur mit "kalte Ente" (falls dir Ritter der Kokosnuss bekannt ist. Sonst erkläre ich das gern). Einen Umstand, der sich weder erklären, noch eine neue Erkenntnis bringen wird zu beleuchten hätte ich auch wenig spannend gefunden, wenn es dich interessiert such einfach Literatur aus Europa vor 40 Jahren und verdopple deren Gewaltpotential, sollte grob passen, Flosse hat das mit den Albinos ja zB schon gesagt. Hexenkinder wäre auch ein gutes Stichwort für dich zum Googeln zwecks "Satanismus" in Afrika (hat aber nix mit Musik zu tun). Nur, was das Auslassen vom Dorfpfarrer nun mit Feminismus zu tun hat erschließt sich mir nicht...
Dr. Best hat geschrieben:Welche Bands hören sie... dir ist aufgefallen, dass die Meisten kaum Geld für irgendwas haben, also vermutlich im Gegensatz zu dir keine 5000 Alben in drölf Versionen daheim? Aus Gesprächen mit Overthrust ("Death Metal" aus Botswana), die 2 Mal in Karlsruhe gespielt haben, weiß ich, dass die meisten froh sind, wenn sie mehr als eine kleine Handvoll internationale Bands kennen.
Noch mal: Es ist eine Doku über Heavy Metal Fans und es werden nur ein oder zwei Bands erwähnt. Das ist ja wohl zu dünne. Abgesehen davon glaube ich jetzt nicht, dass die dortigen Metal-Fans tagsüber im Busch hausen und sonst keine Ahnung von der Welt haben. Die hören Radio und im Zeitalter des Internets - das es bestimmt auch in Botswana gibt - sind Plattensammlungen überflüssig. Hier versagt die Doku dramatisch.
Ja, eine Doku über Metal-Fans, das hast du gut erkannt - nicht über Metal in Afrika. Aber das hat der Ulle ja ausgezeichnet erklärt
Btw: würde ich in meinem Kollegen- und Freundeskreis unter den 0815-Rockern rumfragen, wären die Antworten nicht weit weg von denen in der Doku. Man hört halt, was im Radio läuft oder auf Rock am Ring spielt, aber "boah, als ich damals die Österreicher von Jack Frost gehört habe war das eine Offenbarung" wird man halt eher selten hören. Ist ja auch legitim (okay, bei JF nicht!!
), deine Fragen wären aber nur Staub im Wind.
Dr. Best hat geschrieben:Dich stören "diese etwa 20 Fans in einer Bar", weil du mehr von dem Festival erwartet hast? Was denn genau, 1000 Leute und Fässer voll Bier - bei einer extrem kleinen Szene? Ich war neulich bei einem der mit Abstand wichtigsten derzeitigen Doom-Festivals in Salzburg, das war ein Treffen von Fans und Musikern aus Tschechien, England, Bulgarien, Deutschland, Italien, Griechenland, Schweiz, Österreich, Schweden, Mexiko und der Slowakei, neben dem Little-Devil-Doom in Tilburg quasi das Zentrum des aktiven, lebendigen Undergrounds abseits der großen Namen und der breiten Masse, das vibrierende Netzwerk aus lauter Enthusiasten, eben ein Familientreffen mit Menschen, die ich teils seit 5, 6 Jahren nicht gesehen habe - und daher für die Meisten vor Ort mehr wert als das Hammer Of Doom. Es wurde gefeiert, geschwatzt und getanzt, Bands zu 3 Zugaben überredet und emotional Tränchen vor Freude vergossen. Sicher zwei der unvergessensten Abende meines Lebens Achso, die Zuschauerzahl: knapp über 50 Leute. Also danke, wenn du das Engagement und die Wichtigkeit einer Szene oder eines Festivals an Besucherzahlen knüpfst zeigst du, dass du exakt nichts von der Doku verstanden hast.
Mich stören keine 20 Fas an der Bar. Mich stört der Begriff "Festival". Die waren in einem ziemlichen leeren Club. Da passt der Begriff Festival einfach nicht. Es wäre besser, die Doku hätte hier einfach von einem Clubkonzert gesprochen.
Lies mein Geschriebenes nochmal genau und erkläre mir doch mal, warum ich scheinbar auch bei keinem Festival war. War (leider) ein ziemlich leerer Club und kaum was los. Muss man es deshalb abwerten? Nö. Wenn es in Botswana halt scheinbar kaum Konzerte dieser Art und Fans der Musik gibt (da widerspricht sich die Doku kurz), dann sind 3 Bands und wenig Leute das Maximum was geht und der Begriff "Festival" zumindest für die Moral enorm wichtig - Wacken ist halt unerreichbar. Spirit und Zusammenhalt zählt halt oft mehr, als das tatsächliche Ergebnis.
- The sound was so big I swear it created a new fjord behind us. -