Earth (USA)
Verfasst: 5. September 2014, 23:53
Na gut, ich erzähl's.
Die Band mit dem simplen Namen EARTH stammt bereits seit 25 Jahren aus Seattle in den Vereinigten Staaten von Amerika und ist Träger der musikalischen Vision von Dylan Carlson, dessen Gitarrenspiel das Rückgrat jedes Earth-Albums bildet, wie unterschiedlich sie auch sein mögen.
Es sei zu Beginn darauf hingeweisen, dass diese Vision mit vereinzelten Ausnahmen rein instrumental umgesetzt wird. Wer einen charismatischen Sänger benötigt, um sich in Musik hineinfinden zu können, sollte an dieser Stelle umkehren. Und ehe sich jemand beim Anhören gelangweilt fühlt: Es "passiert" im Grunde sehr, sehr wenig in dieser Musik.
In den ersten Jahren nach der Gründung begründete die Band den verlangsamten, von Gitarrenverzerrung und aufreibender Monotonie geprägten Stil, der später als Drone Doom zahlreiche Nachahmer fand - Sunn O))), die wohl bekanntesten Epigonen, haben ein Stück ihres ersten Demos ganz simpel mit "Dylan Carlson" betitelt. Das erste komplette Earth-Album, "Earth2 - Special Low Frequency Version", werden sie allerdings in Sachen Konsequenz nicht mehr überbieten können, denn die unanständig langen Lieder bestehen aus jeweils ein bis zwei endlos wiederholten, dröhnenden Akkorden, spartanischer Perkussion und verstreuten Hintergrundgeräuschen.
Die beiden folgenden Alben bis zur vorläufigen Auflösung waren wieder mit mehr Variation wahlweise geschlagen oder gesegnet, auf "Pentastar" wurde gar in the style of stoner gerifft. Im Jahre 1997 wurden dann die Stromkreise aller Verstärker und Verzerrer unterbrochen, Dylan Carlson verschwand im Drogensumpf ("Shot cocaine with Hermann Göring, now I wish I was dead", wie es in High Command hieß, obwohl Carlsons bester Freund eigentlich das Heroin war) und Earth versank hinterm Horizont.
Dies soll als historischer Hintergrund dienen, die Musik dieser ersten Phase will ich hier nicht ausdrücklich empfehlen, da sie mir selbst nicht besonders zusagt.
Die Geschichte setzt sich sechs bis acht Jahre später fort. Dylan Carlson, mittlerweile drogenfrei (aber ziemlich gezeichnet, wie Videos aus dieser Zeit belegen), ließ die Erde wieder aufgehen und nach einem kruden Livealbum namens "Living in the Gleam of an Unsheathed Sword" als Befreiungsschlag erfolgte 2005 ein stilistischer Richtungswechsel.
Wiederholung und Minimalismus, der Aufbau eines Liedes um wenige zentrale Motive und die Fokussierung auf die Gitarre blieben bestehen und bilden bis heute den Kern der Musik von Earth. Die niederfrequenten Gitarrenwände jedoch wurden eingerissen und die Gitarre sollte fortan mit einem Bruchteil der früher üblichen Verzerrung eingesetzt werden. Dylan Carlson ließ außerdem so manchen Einfluss aus der weiten Welt der Gitarrenmusik auf sich wirken, anstatt nur auf das Rauschen seiner Verstärker zu hören.
Die Instrumentierung auf "Hex; or Printing in the Infernal Method" (2005; der zweite Teil des Namens ist eine Anspielung auf William Blake), dem ersten Werk unter diesen neuen Vorzeichen, reflektiert dieses weitere Blickfeld: Neben der elektrischen Gitarre kommen Steel-Gitarre, ein vergrößertes Perkussionsarsenal, Posaune, Baritongitarre und ein Banjo zum Einsatz. Wie es bei einer solchen Besetzung naheliegt, handelt es sich im Grunde um einen Soundtrack zu einem niemals gedrehten Western. Durch die geschickte Balance zwischen Repetition und Differenz entfaltet sich über 47 Minuten eine einfache, evokative Schönheit, die sich perfekt mit der visuellen Gestaltung (Photographien aus der Zeit der Besiedelung des nordamerikanischen Westens) ergänzt. Ähnlich wie bei den abgebildeten kargen Landschaften ist es schwer, beim ersten Zusammentreffen mit "Hex" diese Schönheit zu erkennen.
Das Album ist wie eine trockene, gebirgige Hochebene voller rötlicher Felsformationen; es wirkt zunächst abweisend, irritiert und ist schwer fassbar, besitzt jedoch eine ganz eigene Majestät, wenn man es kennen und schätzen lernt.
Ein typisches Beispiel für den langsamen Aufbau auf einen kurzen, erhabenen Augenblick hin, der dieses Album prägt, bietet Lens of Unrectified Night (ignoriert das komische Bild). Tethered to the Polestar weist als Abschluss von "Hex" hingegen im zweiten Teil den wohl geschlossensten Melodiebogen auf dem Album auf.
Weiteres folgt in Kürze.
Entschuldigung, dass wir im Hardrock/Prog-Forum sind, aber im Offtopic-Bereich wäre der Thread wohl sehr untergegangen.
Die Band mit dem simplen Namen EARTH stammt bereits seit 25 Jahren aus Seattle in den Vereinigten Staaten von Amerika und ist Träger der musikalischen Vision von Dylan Carlson, dessen Gitarrenspiel das Rückgrat jedes Earth-Albums bildet, wie unterschiedlich sie auch sein mögen.
Es sei zu Beginn darauf hingeweisen, dass diese Vision mit vereinzelten Ausnahmen rein instrumental umgesetzt wird. Wer einen charismatischen Sänger benötigt, um sich in Musik hineinfinden zu können, sollte an dieser Stelle umkehren. Und ehe sich jemand beim Anhören gelangweilt fühlt: Es "passiert" im Grunde sehr, sehr wenig in dieser Musik.
In den ersten Jahren nach der Gründung begründete die Band den verlangsamten, von Gitarrenverzerrung und aufreibender Monotonie geprägten Stil, der später als Drone Doom zahlreiche Nachahmer fand - Sunn O))), die wohl bekanntesten Epigonen, haben ein Stück ihres ersten Demos ganz simpel mit "Dylan Carlson" betitelt. Das erste komplette Earth-Album, "Earth2 - Special Low Frequency Version", werden sie allerdings in Sachen Konsequenz nicht mehr überbieten können, denn die unanständig langen Lieder bestehen aus jeweils ein bis zwei endlos wiederholten, dröhnenden Akkorden, spartanischer Perkussion und verstreuten Hintergrundgeräuschen.
Die beiden folgenden Alben bis zur vorläufigen Auflösung waren wieder mit mehr Variation wahlweise geschlagen oder gesegnet, auf "Pentastar" wurde gar in the style of stoner gerifft. Im Jahre 1997 wurden dann die Stromkreise aller Verstärker und Verzerrer unterbrochen, Dylan Carlson verschwand im Drogensumpf ("Shot cocaine with Hermann Göring, now I wish I was dead", wie es in High Command hieß, obwohl Carlsons bester Freund eigentlich das Heroin war) und Earth versank hinterm Horizont.
Dies soll als historischer Hintergrund dienen, die Musik dieser ersten Phase will ich hier nicht ausdrücklich empfehlen, da sie mir selbst nicht besonders zusagt.
Die Geschichte setzt sich sechs bis acht Jahre später fort. Dylan Carlson, mittlerweile drogenfrei (aber ziemlich gezeichnet, wie Videos aus dieser Zeit belegen), ließ die Erde wieder aufgehen und nach einem kruden Livealbum namens "Living in the Gleam of an Unsheathed Sword" als Befreiungsschlag erfolgte 2005 ein stilistischer Richtungswechsel.
Wiederholung und Minimalismus, der Aufbau eines Liedes um wenige zentrale Motive und die Fokussierung auf die Gitarre blieben bestehen und bilden bis heute den Kern der Musik von Earth. Die niederfrequenten Gitarrenwände jedoch wurden eingerissen und die Gitarre sollte fortan mit einem Bruchteil der früher üblichen Verzerrung eingesetzt werden. Dylan Carlson ließ außerdem so manchen Einfluss aus der weiten Welt der Gitarrenmusik auf sich wirken, anstatt nur auf das Rauschen seiner Verstärker zu hören.
Die Instrumentierung auf "Hex; or Printing in the Infernal Method" (2005; der zweite Teil des Namens ist eine Anspielung auf William Blake), dem ersten Werk unter diesen neuen Vorzeichen, reflektiert dieses weitere Blickfeld: Neben der elektrischen Gitarre kommen Steel-Gitarre, ein vergrößertes Perkussionsarsenal, Posaune, Baritongitarre und ein Banjo zum Einsatz. Wie es bei einer solchen Besetzung naheliegt, handelt es sich im Grunde um einen Soundtrack zu einem niemals gedrehten Western. Durch die geschickte Balance zwischen Repetition und Differenz entfaltet sich über 47 Minuten eine einfache, evokative Schönheit, die sich perfekt mit der visuellen Gestaltung (Photographien aus der Zeit der Besiedelung des nordamerikanischen Westens) ergänzt. Ähnlich wie bei den abgebildeten kargen Landschaften ist es schwer, beim ersten Zusammentreffen mit "Hex" diese Schönheit zu erkennen.
Das Album ist wie eine trockene, gebirgige Hochebene voller rötlicher Felsformationen; es wirkt zunächst abweisend, irritiert und ist schwer fassbar, besitzt jedoch eine ganz eigene Majestät, wenn man es kennen und schätzen lernt.
Ein typisches Beispiel für den langsamen Aufbau auf einen kurzen, erhabenen Augenblick hin, der dieses Album prägt, bietet Lens of Unrectified Night (ignoriert das komische Bild). Tethered to the Polestar weist als Abschluss von "Hex" hingegen im zweiten Teil den wohl geschlossensten Melodiebogen auf dem Album auf.
Weiteres folgt in Kürze.
Entschuldigung, dass wir im Hardrock/Prog-Forum sind, aber im Offtopic-Bereich wäre der Thread wohl sehr untergegangen.