von The-Aftermath » 3. April 2013, 18:21
Schade, die Nummer zwanzig im SAXON-Katalog ist wider Erwarten eine ziemliche EnttĂ€uschung geworden. Ich war eigentlich fest davon ĂŒberzeugt, dass Biff & Co. mit "Call To Arms" wieder zu "Inner Sanctum"-Form zurĂŒck gefunden hĂ€tten. Leider haben alle DurchgĂ€nge den negativen ersten Eindruck bestĂ€tigt. Aber der Reihe nach.
Los geht es mit dem Intro-Track "Procession". DschungelgerĂ€usche, Grillen, "Oh-Oh"s im Hintergrund. Klingt ein wenig nach "Age Of Empires II". Und gibt es etwas epischeres als "Age Of Empires II"? Eben. Leider gibt es in den zweiten Minuten keine Steigerung und die GerĂ€uschkulisse wird sehr abrupt vom Titeltrack unterbrochen. Bei dem legt die Band gleich richtig los, eine der hĂ€rtesten Songs der Bandgeschichte. Nur leider keiner der besten. LĂ€dt zwar durchaus zum KopfschĂŒtteln ein, aber selbst der gute Pre-Chorus hilft nichts angesichts des unglaublich faden Refrains. Der Mittelteil nimmt dann noch jeglichen Schwung raus. Im Gegensatz zum fetzigen "Hammer Of the Gods" von der letzten Scheibe kein Einstieg nach Mass.
Allgemein fĂ€llt auf, wie "hart" die Scheibe klingt. Zumindest eine Lektion scheint man aus "Into The Labyrinth" gezogen zu haben. Keyboards sucht man auf "Sacrifice" vergebens, ebenso die obligatorische Ballade und den Bombast, der auf frĂŒheren Scheiben noch vorhanden war. Was eigentlich nach einer guten Herangehensweise klingt, ist im Endeffekt der grösste Schwachpunkt von "Sacrifice". Das Album klingt reduziert, gitarrenlastig und kompakt, aber auch unglaublich steril, fad und klinisch. Die Band rifft scheinbar gelangweilt vor sich hin. Vor allem die schrecklichen ACCEPT-artigen Midtempo-Stampfer, die schon "Into The Labyrinth" ruiniert haben, nehmen die gesamte zweite HĂ€lfte des Albums eins. Das rockige und lebendige von "Call To Arms" geht komplett verloren, dafĂŒr fĂ€llt man eher zum sterilen von "Metalhead" zurĂŒck. Ob es an Sneap liegt? Die Vermutung liegt auf der Hand. SAXON klingen auf "Sacrifice" wie in ein mechanisches Korsett gesteckt, keine Spur vom wilden britischen Hard Rock-Feeling mehr. Die Songs an sich sind gar nicht so schlecht, aber das komplette Album lĂ€uft an einem vorbei ohne das man richtig einsteigen könnte. Sehr seltsam.
So kommt selbst dann wenn die Band richtig gute Songs raushaut, keine wirklich Euphorie auf. Das ist in der ersten HÀlfte des Album der Fall. "Made In Belfast" ist nur wegen dem schönen Einsatz von irischer Folkmusik nicht komplett verzichtbar, aber dann kommt ein toller Dreierschlag in Form von "Warriors Of The Road", "Guardians Of The Tomb" und "Stand Up and Fight". Alle drei Songs hÀtten auf den vorigen Alben zu den Highlights gehört. Der erste ist der schnellste Song seit "Need For Speed", der zweite ein toller, melodischer Banger in "Conquistador"-Tradition, Nummer drei eine flotte Hymne mit einem der wenigen guten Refrains auf dem Album. Hier und da werden melodische Passagen und Twin-Gitarren eingestreut, die durchaus den Geist der 80er aufleben lassen. Und wo SAXON doch noch zeigen warum sie zu den alten Grössen des Genres zÀhlen.
Danach fĂ€llt die QualitĂ€t des Materials aber so tief in den Keller, dass man fast schwermĂŒtig werden könnten. Bei "Standing in a Queue" hatte ich wieder eine THIN LIZZY-Verbeugung erwartet, zu hören bekam ich aber den langweilsten SAXON-Song ever. Selbst die Standard-Hardrocker auf "Call To Arms" hatten bessere Refrains und mehr Schwung als die vertonte Langweile von "Wheels Of Terror". Vielleicht habe ich in letzter Zeit zuviel VISIGOTH und DARK FOREST gehört. Aber angesichts deren Wildheit und Energie, spĂŒrt man bei SAXON langsam und sicher die Gicht in den Knochen.
Ingesamt also eine sehr enttĂ€uschende Angelegenheit. SAXON hĂ€tten es verdient gehabt, anlĂ€sslich ihres 20. Albums noch einmal mit einem Paukenschlag auf sich aufmerksam zu machen. Diese Chance hat man leider verspielt. Ob es allein an Sneaps Einfluss liegt, oder vielleicht doch an AltersschwĂ€che, kann ich nicht genau beurteilen. Dass in den alten Knochen noch eine Menge Energie steckt, beweist man durchaus, aber nicht so ĂŒberzeugend wie auf "Call To Arms". Eine SAXON-Platte macht aber trotz allem immer Spass. Da fĂŒhlt man sich als Traditionsmetaller immer sofort zu Hause, auch wenn Biff zum hundersten Mal davon singt, nicht aufzugeben. Hoffentlich geben SAXON auch nicht auf, und belehren mich noch einmal eines besseren.
Trust in fate and have no fear.